Ekel-Brot: Was wusste die Politik?
Mit dem Skandal um Müller-Brot will Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer nichts zu tun haben. Dabei sitzen gleich zwei Verantwortliche in seinem Kabinett.
München - Bei Schaben, Motten und Mäusekot geht die Staatsregierung auf Tauchstation. Mit dem Skandal um Müller-Brot will Horst Seehofer nichts zu tun haben. Dabei sitzen gleich zwei Verantwortliche in seinem Kabinett. Justiz- und Verbraucherschutzministerin Beate Merk. Und der „Lebensminister“. Das war - bis er vor drei Monaten ins Finanzressort wechselte – Markus Söder.
"Unser tägliches Brot war Ihnen wurscht“, wirft ihnen SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher vor. Und Christian Magerl (Grüne) erklärt: „Den Schuh muss sich Söder schon anziehen.“ Das aber will der neue Finanzminister, der nun gegen den Länderfinanzausgleich und für die Schuldentilgung kämpft, auf gar keinen Fall. Das Umwelt- und Gesundheitsministerium, das er seit 2008 leitete und zum Lebensministerium umbenannte, verweigert jede Auskunft, ab wann es über die ekelerregenden Zustände informiert war.
Seit Juli 2009 inspizierte immer wieder eine Spezialeinheit des Landesamts für Gesundheit- und Lebensmittelsicherheit das Unternehmen. Das Kommando über die Task-Force hat Landesarzt Andreas Zapf. Sein Chef ist der Gesundheitsminister. Installiert hatte die Spezialeinheit Söders Vorgänger Werner Schnappauf als Antwort auf die Gammelfleisch-Skandale 2005/2006. Der stand damals nicht nur unter dem Kreuzfeuer der Opposition, die seinen Rücktritt forderte, sondern auch unter „Friendly Fire“: Sein Parteifreund Horst Seehofer, der Bundesverbraucherminister in Berlin war, hatte ihm Nachlässigkeit vorgeworfen. Schnappauf schoss zurück, forderte von Seehofer das „überfällige“ Verbraucherinformationsgesetz.
2008 wurde es erlassen. Viel gebracht hat’s offensichtlich nicht. Denn jetzt berufen sich die Behörden darauf, dass sie nicht früher an die Öffentlichkeit gehen und die ahnungslosen Verbraucher über die Ekel erregenden Zustände bei Müller-Brot informieren konnten. Die Opposition sieht das anders. Magerl und Rinderspacher verweisen auf Paragraf 40 des Lebens- und Futtermittelgesetzes. Das sehe auch bei einem nicht gesundheitsschädlichen, aber zum Verzehr ungeeigneten Lebensmittel eine Pflicht zur Information der Öffentlichkeit vor.
Justiz- und Verbraucherschutzministerin Beate Merk war von der Staatsanwaltschaft seit 4. Juli 2011 informiert. Sie fühlt sich aber für den Schutz der Verbraucher nicht zuständig. Rinderspacher: „Da wurde nicht der Verbraucher, sondern das Unternehmen geschützt.“