Eine Charakterfrage
Wulff macht mit seiner Scheibchen-Taktik weiter wie bisher. AZ-Redakteurin Annette Zoch über die Vorwürfe gegen den Bundespräsidenten.
Liebe Leser, es geht nicht nur vielen von Ihnen so, auch uns Journalisten – „nicht schon wieder, nicht noch ein neuer Wulff-Skandal!“ So geht nach Wochen der Wulff-Berichterstattung das Aufstöhnen durch die Redaktion, wenn mal wieder ein dubioser Auto-Leasing-Vertrag oder ein kostenloser Luxus-Urlaub auftaucht.
Doch: Darum geht es schon lange nicht mehr. Es geht nicht mehr darum, in welches Grand-Hotel sich der Bundespräsident nun schon wieder hat einladen lassen oder ob er sich einen dicken Protzschlitten, ein Bobbycar oder eine Schubkarre hat schenken lassen.
Es geht darum, dass unser Bundespräsident auch nach Wochen der Skandale und Vorwürfe noch immer dieselben Fehler macht: Dass er immer noch keine große Transparenz zeigt, obwohl er das den Bundesbürgern im großen Fernseh-Interview treuherzig versprochen hat. Dass er seine Anwälte immer noch mit seltsamen Ausflüchten vorausschickt (Er lässt sich erst einladen und zahlt dann alle seine Urlaube im Nachhinein in bar? Wie glaubwürdig ist das denn?). Es geht darum, dass er immer noch nur das zugibt, was man ihm nachweisen kann. Kurz: Es geht um den Charakter dieses Mannes.
Wenn Wulff nicht weiß, was rechtens ist in einer herausgehobenen politischen Funktion – dann ist er der falsche Bundespräsident. Und wenn er das sehr wohl weiß, es ihm aber wurscht ist: Dann ist er erst recht falsch in diesem und in jedem anderen Amt.