Ein Drittel der Windräder steht falsch

Wissenschaftler behaupten, ein Drittel der Windräder steht falsch. Eine bessere Position hätte die Stromautobahnen verhindern können
Ralf Müller |
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Für die Windkraft in Deutschland ist nach der Meinung von Regensburger Physikern der Zug weitgehend abgefahren.
Für die Windkraft in Deutschland ist nach der Meinung von Regensburger Physikern der Zug weitgehend abgefahren.

Wissenschaftler behaupten, ein Drittel der Windräder steht falsch. Eine bessere Position hätte die Stromautobahnen verhindern können

 Den politischen Streit um Stromtrassen und viele Milliarden Euro für die Energiewende in Deutschland hätte man sich sparen können, behauptet der Physik-Professor Ingo Morgenstern. Mit einem in seinem Institut für Theoretische Physik an der Universität Regensburg entwickelten Algorithmus hätten Windräder, Solarparks und andere Anlagen zum Ersatz der Kernkraftwerke so über Deutschland verteilt werden können, dass große Stromautobahnen überflüssig wären.

Die Rechenvorschrift der Regensburger Physiker war schon lange vor dem Ausrufen der Energiewende nutzbar. Jetzt, so Morgenstern, ist der Zug weitgehend abgefahren. Maßgeblich entwickelt hat den Algorithmus Morgenstern-Mitarbeiter Johannes Schneider.

Vereinfacht erklärt optimiert der Regensburger Algorithmus Systeme aller Art nach den Vorgaben der Anwender. Übertragen auf die Windkraft bedeutet das zum Beispiel, dass nicht die größtmögliche Ausbeute eines Windrades die allein entscheidende Größe ist, sondern auch der großräumige Ausgleich von Wind und Flaute zur Vermeidung von Unterversorgung und Überlastung sowie der durch die Anbindung und Weiterleitung des Stromes erforderliche finanzielle und politische Aufwand.

Heraus kommt eine Verteilung der Windräder in Deutschland, die deutlich anders aussehen würde als sie tatsächlich entstanden ist, sagt Morgenstern: „Unter anderem mehr Windräder in Bayern“. Ein Drittel der errichteten Windkraftanlagen steht nach diesen Kriterien an der falschen Stelle, haben die Mitarbeiter des Instituts ausgerechnet. Das gilt vor allem für die riesigen Windparks in der Nordsee, die aufwendig an das Stromnetz angebunden werden müssen. Die Weiterleitung des Nordsee-Stroms nach Süddeutschland sorgt seit geraumer Zeit für massiven Ärger.

China und Indien werden die deutschen Fehler vermeiden

Am besten wäre es, wenn die Standorte für Windkraftanlagen europaweit gesteuert werden könnten, erläutert. „Je größer das System, umso größer die Optimierungsmöglichkeit“. Von der Politik zeigt sich der Regensburger Physikprofessor enttäuscht: Trotz vereinzelter Unterstützung sei es nicht gelungen, in der entscheidenden Zeit nach der Atomkatastrophe von Fukushima die Weichen richtig zu stellen.

Enttäuscht ist Morgenstern insbesondere vom früheren grünen Umweltminister Jürgen Trittin. Man hätte erwarten können, dass gerade ein grüner Minister für den Fall des Atomausstiegs ein kluges Konzept in der Schublade gehabt hätte, „wo man welches Windrad hinstellt“. Stattdessen sei unter Optimierungsgesichtspunkten „ein Fehler nach dem anderen gemacht“ worden. Überdies hätten sich im Zuge der Energiewende viele „Schmarotzerecken“ gebildet.

Aus Sicht der Wissenschaftler zahlt Deutschland unnötig viel Lehrgeld. Die wegen zahlreicher erfolgreicher Anwendungen auf allen möglichen Gebieten „Weltrekord-Algorithmus“ genannte Methode werde jetzt von Ländern wie China und Indien schamlos kopiert, berichtet Morgenstern. Dort werde man die deutschen Fehler wohl vermeiden.

Für die Windkraft hierzulande ist nach Meinung der Physiker der Zug weitgehend abgefahren. Geringe Korrekturen seien jetzt nur noch beim Zubau möglich, so Morgenstern.

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