Edmund Stoiber und der Vater des Wunsches
Vor dem Untersuchungsausschuss läuft der Ex-Ministerpräsident wieder mal zu alter Form auf: Er stoibert vor sich hin und hat keine Schuld. Die BayernLB und ihr Milliarden-Debakel blendet der frühere CSU-Chef lieber aus.
MÜNCHEN Größenwahn? „Ich weiß wirklich nicht, was das sein soll“, sagt Edmund Stoiber treuherzig. „Ja ,wir haben uns in Bayern angestrengt. Die Bürger und Bürgerinnen und die Politik.“ Er und sein „Mentor“ Franz Josef Strauß hätten Bayern in fast allen Bereichen an die Spitze gebracht. „Ist das Größenwahn?“, verteidigt sich Stoiber vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags. Die BayernLB und ihr Milliarden-Debakel beim Kauf der österreichischen Pleitebank HGAA blendet der frühere CSU-Chef und Ministerpräsident aus seinem schönen Bayern-Bild lieber aus.
Dass der Steuerzahlen jetzt auf 3,7 Milliarden Euro sitzt, „ärgert“ ihn. Aber Schuld will er an dem Desaster keine haben. „Der Ministerpräsident ist doch nicht der Kontrolleur der Kontrolleure“, plustert sich Stoiber über dem dicken zitronengelben Klarsichtordner auf, den ihm seine Mitarbeiter vorbereitet haben. „Ich hatte ein hervorragendes Kabinett.“ Doch gerade seinen Ministern Kurt Faltlhauser (Finanzen), Erwin Huber (Wirtschaft) und Günther Beckstein (Inneres), die damals im Verwaltungsrat der BayernLB als Kontrolleure saßen, schiebt er jetzt die Verantwortung zu.
Die Idee, die HGAA zu kaufen, sei nicht die seine gewesen. Druck habe er nie ausgeübt. Von den Risiken habe er überhaupt keine Ahnung gehabt. Nachgefragt habe er nur, wenn er in der Zeitung etwas gelesen habe.
So also soll Bayern von ihm regiert worden sein. Dabei hatte sich Stoiber doch 14 Jahre lang als der mächtigste Mann im Freistaat gefühlt. Als einer, der das Land, sein Kabinett und seine Minister voll im Griff und alles unter Kontrolle hatte. Nun zeichnet er ein Bild von einem ganz neuen Stoiber. Der eigentlich von nichts eine Ahnung hatte.
Dass er sich persönlich bei Kroatiens Regierungschef Ivor Sanader für den Kauf der HGAA eingesetzt hatte, nachdem sich dessen Nationalbank bei dem Geschäft quer gelegt hatte, kann der Ex-Ministerpräsident nicht mehr abstreiten.
Aus seiner Staatskanzlei hatte er bei ihm angerufen, sich später mit ihm in Split getroffen. Dort wiederholte er auch vor Fernsehkameras seine Drohung: Bayern werde Kroatien nicht mehr bei seinem EU-Beitritt unterstützen, wenn der Kauf der HGAA scheitern sollte. Doch so ernst darf man das alles nicht nehmen. Schon vor seinem Treffen hätten sich die kroatische Nationalbank und die BayernLB geeinigt gehabt. Sein Gespräch mit Sanader habe überhaupt nichts geändert.
Keinen Kontakt will er mit dem Kärtner Landeshauptmann Jörg Heider aufgenommen haben. Auch wenn der behauptete, er habe den Kauf mit Stoiber, Faltlhauser und Beckstein besprochen. „Der Vater des Wunsches ist hier der Gedankengang“, stoibert der Ex-Ministerpräsident wie in alten Zeiten. Er jedenfalls habe Haider in seiner Zeit als bayerischer Ministerpräsident nie getroffen.
Entschuldigen will sich Stoiber bei der bayerischen Bevölkerung nicht. Das bringt er nicht über seine Lippen. Vor den Kameras schweigt er, bahnt sich seinen Weg, als wäre er noch immer im Amt. So übernimmt CSU-Ausschusschef Thomas Kreuzer die Entschuldigung für ihn und interpretiert vor den Journalisten: „Ich habe Herrn Stoiber so verstanden, dass es ihm leid tut und dass er es bedauert. Eine persönliche Verantwortung von ihm sehe ich nicht.“ Für den Grünen-Abgeordneten Sepp Dürr aber ist die Sache klar: „Wenn’s toll war, war immer er verantwortlich. Und wenn’s beschissen gelaufen ist, sind die Anderen Schuld.“ Angela Böhm