Diese Piraten aus Somalia wollen Geld vom deutschen Steuerzahler

Weil sie „unrechtmäßig“ an Kenia überstellt worden sind und dort unter anderem Tuberkulose befürchten verklagen Piraten aus Somalia die Bundesrepublik Deutschland. Zwei deutsche Anwälte vertreten sie.
Abendzeitung |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Zwei der somalischen Piraten wollen Geld von Deutschland.
dpa Zwei der somalischen Piraten wollen Geld von Deutschland.

BERLIN - Weil sie „unrechtmäßig“ an Kenia überstellt worden sind und dort unter anderem Tuberkulose befürchten verklagen Piraten aus Somalia die Bundesrepublik Deutschland. Zwei deutsche Anwälte vertreten sie.

Jetzt drehen sie den Spieß um: Zwei somalische Piraten, die Anfang März von der Bundeswehr gefangen worden waren und dann nach Kenia überstellt wurden, haben nun ihrerseits vor deutschen Gerichten Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland eingereicht.

Das Landgericht Berlin sowie das Verwaltungsgericht Berlin bestätigten gestern den Eingang der beiden Klageschriften (Aktenzeichen 230205/09 und 34 L130/09). Vertreten werden die Seeräuber durch die zwei deutschen Rechtsanwälte Andreas Schulz (Berlin) und Oliver Wallasch (Frankfurt).

Geklagt wird unter anderem auf Übernahme der Kosten des Rechtsstreits inklusive der Anwaltshonorare sowie auf konsularische Betreuung in Mombasa. Grundsätzlich wenden sich die Piraten gegen ihre „unrechtmäßige Überstellung“ nach Kenia. Hier fordert einer der Piraten Schadensersatz von der Bundesrepublik. Er beklagt weiter, dass die vereinbarten Mindeststandards in Kenia nicht eingehalten werden. Nur ein einziger örtlicher Anwalt vertrete sämtlich neun Inhaftierten. Und: In der Haftanstalt Shimo La Tewa gebe es keinerlei medizinische Versorgung, er müsse wegen der schlechten hygienischen Zustände befürchten, an einer Hautinfektion oder Tuberkulose zu erkranken, heißt es in einer der beiden Klageschriften. Der zweite Kläger fordert ebenfalls die Bezahlung seines Anwalts und weist auf die „Mortalitätsrate“ in Shimo La Tewa hin.

Wollen sie nur eine Show abziehen?

Die neun Seeräuber, allesamt somalische Staatsbürger, waren Anfang März von der Besatzung der Bundeswehr-Fregatte „Rheinland-Pfalz“ bei einem Angriff auf das Schiff „MV Courier“ gefasst worden. Doch dann brach in Berlin Streit aus, was mit den Männern geschehen sollte – ihnen in Deutschland den Prozess zu machen, wollte niemand. Also wurde über die EU eilends ein Abkommen mit Kenia geschlossen, das regelt, dass gefangene Seeräuber dort unter Wahrung gewisser Mindeststandards vor Gericht gestellt werden. Der Vertrag wurde ziemlich hektisch zusammengestrickt, weil gleichzeitig immer noch die „Rheinland-Pfalz“ mit den neun Gefangenen vor der afrikanischen Küste dahindümpelte. Und offensichtlich gibt es im Text wie in der Umsetzung einige Haken und Lücken, auf die die deutschen Anwälte der Piraten nun abzielen.

Der Berliner Anwalt Schulz: „Ein unfairer Prozess in Kenia würde die politischen Versprechungen konterkarieren.“ Und: „Das ist der Lackmus-Test für die gesamte Piraterie-Operation.“ Das Kenia-Abkommen gilt für alle EU-Länder, die alle ähnlich wenig Lust auf Verfahren daheim haben.

Das Auswärtige Amt betonte offiziell, die Einhaltung der Standards werde überprüft. Intern hieß es über die deutschen Anwälte laut „Spiegel online“: „Um ihre Show abzuziehen und berühmt zu werden, gefährden sie den Prozess.“ Eigentlich hatte man gehofft, dass das Verfahren in Kenia in aller Stille abläuft – das dürfte nun vorbei sein. tan

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.