Die Tage sind gezählt

Kurz nach seinem Amtsantritt bekam Barack Obama den Friedensnobelpreis. Da hatte er praktisch noch nichts geleistet. Aber wir Europäer haben uns so mitreißen lassen von diesem europäisch wirkenden Präsidenten, seinen Slogans von „Change“, seiner eloquenten Art. Er war so anders als George W. Bush, dieser fanatisch-frömmelnde texanische Cowboy.

Inzwischen ist Ernüchterung eingekehrt. Von dem, was Obama versprochen hatte, hat er fast nichts erfüllt. Guantánamo und die Militärtribunale gibt es immer noch. Der Klimaschutz ist kein Stück weiter, die Wirtschaft liegt am Boden. Ironie des Schicksals: Seine größten Erfolge hatte Obama im Anti-Terror-Kampf, dem Hauptbetätigungsfeld von Bush. Und nun steht auch noch seine Gesundheitsreform, das Herzstück seiner Präsidentschaft, vor dem Aus.

Dafür kann Obama nur bedingt etwas, genauso wie für die Wirtschaftskrise. Und genausowenig kann Obama etwas für die nie gekannte Polarisierung der politischen Lager. Aber Obama hat seine Möglichkeiten über- und er hat die Verfassungswirklichkeit Amerikas unterschätzt: Er hat geglaubt, eine so weitreichende Reform alleine durchkämpfen zu können.

Womöglich ist ja ein Land wie Amerika, wo die Meinungsbildung zunehmend unversöhnlich und scharf entlang ideologischer Trennlinien verläuft, gar nicht mehr reformierbar. Schon lange hängen die USA finanziell am Tropf der Chinesen. Die Politiker in Washington wollen das nur noch nicht wahrhaben. Die Tage der Weltmacht sind gezählt.