Die Pornos des Politikers: Prozess gegen Jörg Tauss
KARLSRUHE - Jörg Tauss steht vor Gericht: Der Ex-SPD-Mann besaß hunderte von Kindermissbrauchs-Bildern. Die Justiz hält ihm seine Sünden detailliert vor. Doch Tauss sagt: „Ich kann in den Spiegel gucken.“
„Ich habe dieses Material besessen. Ich habe dieses Material beschafft.“ So einfach ist die Lage im Kinderpornoprozess um den Ex-SPD-Mann Jörg Tauss. Und doch so kompliziert. Denn was sich wie ein klares Geständnis anhört, ist in Wahrheit Teil einer Rechtfertigung. Der frühere Bundestagsabgeordnete bestreitet nicht, dass er einschlägige Bilder und Videos besaß. Er räumt sogar ein, dass das rechtlich heikel ist. Und dennoch sagt er klipp und klar: „Ich halte mich unverändert für unschuldig im Sinne des Gesetzes.“
Denn Tauss will sich all das ekelhafte Material im dienstlichen Auftrag besorgt haben – um Kinderpornohändler auffliegen zu lassen, wie er beteuert. Nur dadurch, dass man sich selbst in dieser Szene herumtreibe, sei es möglich, die entsprechenden Kontakte zu bekommen.
Seit gestern versucht Tauss, das Karlsruher Landgericht davon zu überzeugen. Es ist ein spektakuläres Verfahren mit entsprechend großem Medienauflauf. Kein Wunder: Noch nie hat die deutsche Justiz einen deutschen Politiker auf diese Art vor Gericht gezogen. Und egal, wie das Urteil ausgeht – ihm drohen immerhin bis zu fünf Jahre Haft –, einen Teil der Strafe hat Tauss schon abbekommen. Die Karriere des früheren Abgeordneten und SPD-Funktionärs ist zerstört. Aus der Partei musste er austreten, das Mandat ist weg, er versucht, in der internetorientierten Piratenpartei wieder auf die Füße zu kommen.
Das wird nicht leicht. Zum gestrigen Auftakt der fünftägigen Verhandlung hält ihm Staatsanwältin Stephanie Egerer-Uhrig penibel die Liste seiner Aktionen vor, konfrontiert ihn damit, welche Dateien er wann gespeichert hat. Dafür braucht sie eine Stunde und die Vorwürfe sind massiv:
228 Bilder und Filme soll er auf seinem Handy gehabt haben. Sechs davon soll er an andere Personen weiterverschickt haben.
Drei DVDs mit insgesamt 10 Videos wurden in seiner Wohnung gefunden.
Zu sehen sind auf diesen Machwerken Kinder und Jugendliche bei Oral- und Analverkehr, sowohl untereinander als auch mit Erwachsenen.
Belastend ist auch, dass Tauss Handy und DVDs in seinem Schlafzimmer aufbewahrt und dort versteckt hatte.
Doch Tauss bleibt vor Gericht dabei, er habe all die Bilder und Filme nur besessen, weil er aufklären wollte. Das halten die Staatsanwälte zwar für wenig glaubhaft, weil er sich noch nicht einmal einer Vertrauensperson gegenüber offenbart hatte.
Tauss und seine Anwälte schießen dafür zurück: Die Justiz habe ihn vorverurteilt und gezielt Details aus Hausdurchsuchungen an die Medien durchsickern lassen. Das Ziel: Tauss solle als Kritiker von Internetüberwachung „mundtot“ gemacht werden. Er selbst sei sich keiner Schuld bewusst, sagt Tauss: „Ich kann morgens in den Spiegel gucken.“
mue
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