Die Polizei will’s nicht mehr ausbaden
STUTTGART - Die Polizei sieht sich als Prellbock: Angesichts der Konflikte um Stuttgart 21 und die Atomkraft melden sich nun auch die Ordnungshüter zu Wort – und beklagen sich massiv, dass sie falsche oder wenig überzeugende Entscheidungen der Politik ausbaden müssten.
Konrad Freiberg, Chef der Gewerkschaft der Polizei, lässt seinem Ärger freien Lauf. An die Adresse von Ministerpräsident Stefan Mappus sagt er: „Fehlende politische Überzeugungskraft kann nicht durch polizeiliches Handeln ersetzt werden.“ Auch er forderte eine rückhaltlose Aufklärung des Polizeieinsatzes. In Stuttgart rumort es unter den Beamten, weil sie fürchten, gegen ihre Kinder oder Eltern vorgehen zu müssen, heißt es in der Landespolizei.
Das zweite Kampfthema: die Atomkraft. Freiberg: „Hier entsteht ein Brandherd, der hoffentlich nicht zum Flächenbrand wird.“ Mit der Laufzeitverlängerung habe die Regierung einen gesellschaftlichen Konsens aufgekündigt. „Das war ein Fehler“, sagt der Gewerkschaftschef. „Und der eskalierende Konflikt wird nun auf dem Rücken der Beamten ausgetragen.“ Die Lage bei der Polizei sei immer angespannter, auch wegen der Stellenkürzungen, aber vor allem: „Es sind die zunehmenden gesellschaftlichen Konflikte, die die Polizei überfordern.“
Bei Stuttgart 21 selbst brodelt es weiter. Vermittler Heiner Geißler sagte, die Bahn prüfe nun doch einen Baustopp während der Schlichtung, die Ende der Woche beginnen soll. „Ich habe drei Stunden mit Bahnchef Grube geredet, die eruieren das jetzt.“ Am Dienstag werde er eine Antwort kriegen. Grube selbst wollte gestern Abend in Stuttgart auftreten, zeitgleich wurden wieder zehntausende Demonstranten erwartet. Mappus deutete derweil einen Hauch von Kompromissbereitschaft an: „Wenn Veränderungen an der Architektur gewünscht sind, muss man sich dem stellen.“ Reden könne man auch über die freiwerdenden Flächen, oder wie Lärm und Schmutz während der Bauarbeiten reduziert werden könnten. Das sind allerdings nicht die Forderungen der Demonstranten.
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