Die lila Welle – Hunderttausende in Rom gegen Berlusconi
ROM - Eine lila Welle gegen Berlusconi: Unter dem Motto „No Berlusconi Day“ haben am Wochenende in Rom Hunderttausende Italiener gegen den konservativen Regierungschef Silvio Berlusconi demonstriert.
Sie forderten den Rücktritt des Regierungschefs nicht im Namen einer bestimmten Partei, sondern im Namen der „ehrbaren Bürger Italiens“. Für die Demonstration hatten die Organisatoren extra dazu aufgefordert, sich lila zu kleiden, weil diese Farbe in Italien nicht politisch einzuordnen sei. Eine „lila Welle gegen Signor B.“, titelte die Berlusconi-kritische Tageszeitung „La Repubblica“ am Sonntag.
Der Zulauf war enorm. Die Veranstalter sprachen schon am Nachmittag von 350 000 Teilnehmern. Andere gar von einer Million. Laut italienischem Innenministerium gingen am Samstag in der Ewigen Stadt rund 90 000 Menschen gegen den Medienmogul auf die Straße. 700 Busse, vier Sonderzüge und eine Fähre hatten Demonstranten aus ganz Italien nach Rom gebracht.
Der politische Effekt der Demonstration bleibt abzuwarten. Es handelt sich nicht um die erste Protestaktion, die sich erklärtermaßen gegen den umstrittenen Ministerpräsidenten richtet. In Umfragen unabhängiger Institute liegt die Regierung des Medienmoguls weiterhin bei 53 Prozent gegen die 24 Prozent, die die Opposition für sich verbuchen kann.
Die Protestaktion ist dennoch etwas Neues, handelt es sich doch um die erste fast ausschließlich über das Internet organisierte Demonstration in Italien. Veranstalter waren weder Parteien noch Gewerkschaften, sondern eine Bloggergemeinschaft, die Anfang Oktober über das soziale Netzwerk Facebook einen Appell lanciert hatte, den umstrittenen 73-Jährigen zum Rücktritt aufzufordern. Nicht durch politisches Links oder Rechts geeint, sondern nur die gemeinsame Rücktritts-Forderung zählte die Facebook-Gruppe innerhalb weniger Tage Tausende von Mitgliedern. Am Sonntag waren es mehr als 360 000.
Die Spitze der größten italienische Oppositionspartei PD entschied sich dafür, nicht an den Protesten teilzunehmen. Einzelne PD-Vertreter, Gewerkschaften, Mitglieder der kommunistischen Partei sowie die kleine Anti-Korruptionspartei „Italien der Werte“ von Antonio Di Pietro schlossen sich der Initiative an.
Kritisiert wurde vor allem, dass mehr über Berlusconis Skandale gesprochen werde als über seine Politik. Dies sei durchaus in der Absicht des Regierungschefs. Unbeachtet unterminiere der Premier so die Verfassung und die Demokratie, sagte der 37-jährige Sprecher der Veranstalter, Massimo Malerbo aus Catania.
Berlusconi hat immer wieder durch seine Probleme mit der Justiz, aber auch mit Sexskandalen von sich reden gemacht. Erst vor einem Monat scheiterte sein Versuch, durch ein umstrittenes Immunitätsgesetz gleich mehreren Prozessen zu entgehen. Das oberste italienische Gericht erklärte die Norm für nicht verfassungskonform. Am vergangenen Freitag wurde der Ministerpräsident gar von einem ehemaligen Mafiakiller in Zusammenhang mit einer Reihe von blutigen Bombenattentaten gebracht, mit der die Mafia Anfang der 1990-er Jahre Italien erschütterte.
dpa
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