Der späte Winter bringt minus 15 Grad
Der Winter nimmt kein Ende. Nach dem Schnee kommt nun auch die Kälte. An den Alpen soll es bis Minus 20 Grad kalt werden, für München sagen die Expertem minus 25 Grad an
Das sind Tage wie sie Wintersportler lieben. Kräftig Neuschnee auf den Pisten und Temperaturen, die die weiße Pracht noch lange liegen lassen. Bis zu 150 Zentimeter misst die Schneedecke, die derzeit auf Münchens Hausbergen liegt. Eine weiße Pracht, die viele Klimaforscher gar nicht mehr für möglich gehalten hätten: Schließlich war vor einigen Jahren noch vom „Winterwandern im Grünen“ die Rede.
Die Gegenwart sieht so aus: Am Flughafen kapitulieren die Flugzeuge vor den Schneemassen. In den Alpen steigt die Lawinengefahr. Und in der Landeshauptstadt bibbern die Münchner bei Minus 15 Grad. Was noch alles auf uns zukommt: die wichtigsten Antworten:
Warum ist es so kalt? Tief „Quinten“ mit seinem Zentrum über Polen hat sich mittlerweile mit einem weiteren Tief vereint. „An deren Rückseite hält die Zufuhr polarer Kaltluft aus Russland an“, erklärt Karsten Brandt vom Wetterservice donnerwetter.de. Nachts kann es an den Alpen Frost bis zu minus 20 Grad geben. In München wird’s bis zu minus 15 Grad kalt.
Wie lange bleibt die Kälte? Erst am Wochenende kann Hoch „Heike“ die Wetterlage über Bayern allmählich beruhigen. In der Faschingswoche wird’s dann aber schon wieder deutlich kälter.
Gibt es auch mehr Schnee? „Mittwoch gibt’s zunächst einen richtig schönen Wintertag“, sagt Peter Hinteregger vom Wetterdienst „meteomedia“. Nach dem Glitzer-Wetter kommt nächste Woche der feucht-kalte Winter zurück. Auch Schneefälle sind dann wieder garantiert.
Wann kommt der Frühling? Insgesamt ist die Vegetation zwei bis drei Wochen später dran als im Vorjahr. Deutlich milder soll es in München erst wieder Ende März und im April werden. Dann werden mitunter sogar 25 Grad erreicht.
Warum schneit es immer erst im Februar? Der Trend zum Faschingswinter ist in München in der Tat ungebrochen. „In der Regel müssen die Münchner erst ab Ende Januar mit viel Schnee rechnen“, hat Gerhard Hofmann, der Leiter der regionalen Klima- und Umweltberatung beim Deutschen Wetterdienst herausgefunden. Das liege schlicht daran, dass dann erst die niedrigen Temperaturen erreicht werden. Vor drei Jahren gab’s den meisten Schnee sogar erst im März.
Ist der Klimawandel schon vorbei? „Winter, wie wir sie gerade erleben, waren früher an der Tagesordnung“, sagt Mojib Latif, Deutschlands bekanntester Klimaforscher. Allerdings sei so ein extremer Winter mittlerweile nur noch alle zehn Jahre drin. Und die Wahrscheinlichkeit, dass es dazu komme, nimmt mehr und mehr ab. Latif vergleicht das Wetter mit einem Würfel, bei dem die Sechs die warme, die Eins die kalte Seite ist. „Wir sind mit der globalen Erwärmung dabei, den Würfel in Richtung Sechs zu zinken.“ Sie fällt also häufiger. Das schließe aber nicht aus, dass ab und zu noch mal die kalte Eins komme. „Das ist das normale Chaos im System.
Wie werden sich die kommenden Winter entwickeln? Laut den Berechnungen des Lehrstuhls für Meteorologie am Institut für Meereskunde in Kiel hält die Tendenz zu kälteren Phasen auch in den kommenden zehn Jahren an. Die Erderwärmung macht eine Atempause, schreitet danach aber umso schneller voran.
Und wann bleiben die Skipisten grün? Latifs Prognose: 2050 wird in Norddeutschland kein Schnee mehr fallen. Auch der Harz bleibt grün. Weiße Weihnachten gibt es dann nur noch über 1500 Metern.
Warum die Kälte auch gut tun kann
Von den Temperaturen profitieren Allergiker, Sportler und Menschen mit niedrigen Blutdruck Nein, die Kälte muss nicht per se schlecht sein. Viele Menschen profitieren sogar von den tiefen Temperaturen vor der Haustür. Das sind die positiven Seiten des Winters in München:
Vor allem Menschen mit niedrigem Blutdruck haben jetzt Vorteile. „Die Gefäße ziehen sich bei Kälte zusammen, dadurch erhöht sich der Blutdruck“, erklärt Eva Wanka, Medizin-Meteorologin an der Ludwig-Maximilians-Universität. Wer dagegen bereits unter hohem Blutdruck leidet, der sollte jetzt besser nicht zum Schneeschaufeln gehen. „Das kann sogar lebensgefährlich sein.“
Kalte Luft durchblutet die Schleimhäute der Nase und härtet ab: Erreger haben es so deutlich schwerer, in den Körper einzudringen.
Kälte weckt die Lebensgeister, fördert die Durchblutung und stärkt den Kreislauf. Allerdings wächst mit zunehmender Kälte auch der Reiz auf Bronchien, Schleimhäute und Lungengefäße.
Auch Sportler können vom langen Winter profitieren. Durch die Kälte wird die Sauerstoffversorgung unddie Blutumverteilung bei gesunden Sportlern deutlich verbessert. Kälte kann die Fitness also unterstützen.
Die Frühblüher Hasel und Erle lassen heuer verspätet ihre Pollen fliegen. Bisher gibt es nur im Westen Deutschlands und an der Ostsee vereinzelte Meldungen von schwachem Pollenflug. Prognose: Durch den kalten Winter wird sich der Pollenflug dieses Jahr weit in den Februar verschieben.
Der menschliche Körper muss bei diesen Temperaturen viel mehr Wärme produzieren als in der warmen Jahreszeit. Schon der bloße Aufenthalt an frischer Winterluft bringt den Fitness-Effekt eines leichten Trainings. Besonders flott leeren sich die Energiespeicher aber beim Sport an kalter Luft: Langlauf führt deswegen zur optimalen Fettverbrennung
Der Winter macht auch vielen Schädlingen zu schaffen: Nacktschnecken, Blattläuse oder schädliche Käfer dürften die kalte Jahreszeit heuer nicht überleben. Vor allem Hobbygärtner dürfte das freuen. Im Frühling haben sie es dann um so leichter.
Daniel Aschoff