Der Rattenfänger

Die AZ-Redakteurin Anja Timmermann über die Wahlen in Griechenland
von  Anja Timmermann

 

Jetzt wird es wirklich ernst: Nach Jahren der Krisengipfel entscheidet sich am Sonntag tatsächlich die Zukunft Griechenlands – und nicht nur die. Alles hängt an einem Mann: Alexis Tsipras, Chef der Linken. Gewinnt er das Kopf-an-Kopf-Rennen, sieht es düster aus.

Wir Deutschen brauchen uns kaum zu beklagen, dass verzweifelte Menschen einem Populisten hinterherrennen: In einer wirtschaftlich ähnlich desolaten Zeit haben wir in den Dreißigerjahren des letzten Jahrhunderts den entsetzlichsten Rattenfänger überhaupt gewählt.

Natürlich hat Tsipras nichts Bösartiges, und ja, er trifft einen Nerv, weil er in vielen Punkten der Analyse recht hat: Es wurde zu schnell und zu oft an den falschen Stellen gespart. Nur: Seine Rezepte führen erst recht in die Pleite. Sein Credo: Griechenland zahlt seine Schulden nicht mehr, gibt aber weiter mehr aus, als es hat und wird jemanden finden, der es auf Dauer bezuschusst, das werde er aushandeln.

Erst war nicht klar, ob das naiver Größenwahn ist; jetzt wird offensichtlich, dass er darauf pokert, dass sich die EU aus Angst vor einem noch größeren GAU erpressen lässt. Das wäre vor einem Jahr wohl richtig gewesen, heute wahrscheinlich nicht mehr. Es auszutesten, kann fatal sein. Für alle. 

 

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