Der Playboy und der Tiger
Bei den Wahlen in Pakistan werden zwei konträre Figuren nach oben gespült
ISLAMABAD Eine Premiere war es auf jeden Fall für die Atommacht mit ihren 180 Millionen Einwohnern: Zum ersten Mal seit der Unabhängigkeit 1947 endet in Pakistan die Amtszeit einer Regierung regulär mit demokratischen Wahlen. Gewonnen hat sie ein politisch totgesagter Konservativer, der schon zweimal davongejagt worden ist. Auf Platz zwei landete Imran Khan, früher legendär für sein Playboy-Leben und seine Kricketkünste.
Religiöse Extremisten, in der Wahrnehmung des Westens sehr präsent, spielten keine Rolle: Obwohl die Taliban zum Boykott der Wahlen („unislamisch“) aufgerufen hatten und alleine am Wahltag Anschläge mit 29 Toten begingen, lag die Beteiligung bei über 60 Prozent – so hoch wie seit 1970 nicht mehr. Und die religiösen Parteien, die angetreten waren, landeten im einstelligen Prozentbereich. Allerdings spielt auch Imran Khan ein wenig die islamische Karte – vor allem allerdings die anti-amerikanische. In seinem früheren Leben, nach seinen Heldentaten im Kricket, war er in den 90er Jahren ein internationaler Playboy, der in den Londoner Nachtklubs zuhause war. Er heiratete Jemima Goldsmith und stieg zum Society-Liebling auf.
Der Krebstod seiner Mutter habe ihn dann zum gottgefälligen Leben bekehrt, sagt er heute und inszeniert sich als reuiger Heilsbringer für Pakistan. „Gott wird mich nicht aus der Welt nehmen, bevor nicht ein neues Pakistan errichtet wurde!“, verkündet er. Mit seiner Forderung nach einem sauberen und gerechten Land spricht er vor allem die Jungen und die Städter an.
"Gott hat uns mit diesem Sieg gesegnet"
Ohnehin war die Wahl vor allem eine Abrechnung mit der alten PPP-Regierung, die als extrem korrupt gilt und für die Wirtschaftsmisere wie die massive Energiekrise verantwortlich gemacht wird: Selbst in der Hauptstadt fällt jeden Tag für Stunden der Strom aus. Und von dieser Anti-Haltung hat ein anderer noch mehr profitiert als der Newcomer Khan: Nawaz Sharif, der in den 90er Jahren schon zwei Mal das Land regiert hat.
Nach den Hochrechnungen hat er den Wahlsieg sicher. Offen ist nur noch, ob er mit absoluter Mehrheit alleine regieren kann oder ob er einen Partner braucht. „Gott hat uns mit diesem Sieg gesegnet“, sagte Sharif – genannt „Der Tiger“ – vor jubelnden Anhängern. Er gilt als ein Mann mit dem unbedingten Willen zur Macht, gewitzt und gerissen, aber auch schon gescheitert. Bei seinem ersten Versuch an der Macht trieb er das Wirtschaftswachstum voran. Seine Familie und seine Freunde kamen dabei so gut weg, dass bei den nächsten Wahlen wieder Benazir Bhutto gewann. Als die Korruption unter ihr noch massiver wurde, gelang Sharif sein erstes Comeback. Er machte Pakistan auch international zum Machtfaktor, unter anderem mit dem ersten erfolgreichen Atomtest des Landes. Doch er legte sich mit dem Armeechef an, den er als zu eigenmächtig empfand – und wurde prompt weggeputscht. Nach Jahren im saudischen Exil kam er nun zurück.
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