"Der Da" for President
Republikaner John McCain ging im Fernsehduell die Contenance flöten, er nannte seinen demokratischen Konkurrenten Barack Obama respektlos "Der Da" - dieser einzige Ausdruck liefert dem Lager seines Konkurrenten jetzt Munition für eine witzige Wahlkampf-Kampagne
WashingtonJohn McCain hatte sich so zusammengerissen. Hatte trotz mieser Umfragewerte versucht, ruhig und sachlich zu bleiben – und kam nur verbissen und verkrampft rüber. Dann, kurz vor Schluss der Präsidentschaftsdebatte gegen Rivalen Barack Obama, entlud sich der ganze Frust: "Der da" habe doch für ein Milliardenpaket für Ölkonzerne gestimmt, "nicht ich". Bei den Worten "that one" verzog McCain das Gesicht, deutete mit dem Zeigefinger auf Obama.
Dieser Fernsehduell-Patzer (AZ berichtete) entwickelt sich für den Republikaner-Kandidaten jetzt zum Bumerang: Während politische Kommentatoren diskutieren, ob McCains "that one" womöglich rassistisch gemeint war, entwickelte das Obama-Lager flugs eine witzige neue Image-Kampagne. Auf der Internet-Homepage "thatone08.com" kann man T-Shirts im Obama-Design bestellen, mit der Aufschrift "That One for President". Auch eine detaillierte Biografie Obamas ist nachzulesen – nur dass sein Name überall durch "That One" ersetzt wurde: "Der Da wurde auf Hawaii geboren und wuchs in Kansas auf. Der Vater von Dem Da stammt aus Kenia." Länglich wird außerdem die Karriere von "Senator Der Da" referiert. Die Ausführungen enden mit dem Appell: "Wählt Den da!"
Auf YouTube kursieren zig Videos des Auftritts
Einzelne T-Shirts und Auto-Aufkleber sind schon ausverkauft, so erfolgreich ist die Kampagne. Und noch bevor die TV-Debatte zu Ende war, wurde der Ausschnitt auf YouTube eingestellt. Heute kursieren dort zig Video-Remixe des denkwürdigen McCain-Auftritts, unterlegt mit "Yeeha"-Cowboy-Klängen aus der Ukulele. Ein Video trägt den Titel "You’re As Cold As Ice" – und zeigt zur Musik des "Foreigner"-Songs einen CNN-Ausschnitt vom Anfang der Debatte. Darin ist zu sehen, wie Obama McCain die Hand hinstreckt – doch der ignoriert sie und dreht sich zu seiner Frau Cindy um.
Die demokratische Blogosphäre freut sich nun diebisch – sie stellen McCain als griesgrämigen alten Mann dar. "Das war der Moment, in dem seine Verachtung deutlich wurde", schreibt Andrew Sullivan. Bloggerin Nicole Belle schreibt: "Und demnächst schreit McCain Obama an, er soll seinen frisch gemähten Rasen nicht betreten." McCains Anhänger sagen, der Ausdruck sei überhaupt nicht böse gemeint gewesen. „Wie kann man sich in Zeiten der Finanzkrise nur so an einem einzelnen Ausdruck aufhängen“, erregt sich McCain-Sprecherin Nicolle Wallace.
Wenn das McCain-Lager das mal nicht unterschätzt: Wahlen wurden in den USA schon wegen viel unbedeutender Kleinigkeiten verloren: Im Duell gegen Bill Clinton 1992 blickte Amtsinhaber George Bush Senior – für alle gut sichtbar – auf seine Armbanduhr. Das wurde ihm als Arroganz ausgelegt. Wie die Wahl ausging, weiß man. Annette Zoch