Der Bundesfreiwilligendienst – ein Rohrkrepierer?
Am 1. Juli startet der Ersatz für den Zivildienst. Doch es gibt kaum Anmeldungen.
München - „Zeit, das richtige zu tun“ – so lautet der offizielle Slogan für den neuen Bundesfreiwilligendienst (BFD). Am 1. Juli ist Stichtag: Dann nehmen die „BufDis“, wie sie in einer schrägen neuen Wortschöpfung genannt werden, in ihren Einsatzstellen ihre Arbeit auf. Der Bundesfreiwilligendienst wurde nach der Aussetzung der Wehrpflicht eingerichtet, um einen Ersatz für die Zivildienstleistenden zu finden – die es ja nun auch nicht mehr gibt.
Doch: der Bundesfreiwilligendienst droht zum Rohrkrepierer zu werden: Die Nachfrage ist minimal. Beim Paritätischen Wohlfahrtsverband gibt es bundesweit schätzungsweise 500 Interessenten – Ziel seien beim Paritätischen aber zehnmal so viel gewesen. Insgesamt hatte das Bundesfamilienministerium in Deutschland mit 35000 Freiwilligen geplant.
In Bayern hat der Paritätische Wohlfahrtsverband ganze fünf Anmeldungen. Und 20 weitere überlegen noch. Der Bedarf des Paritätischen liegt aber bei 900 Plätzen, sagt Sprecherin Susann Engert.
Ähnlich finster sieht es beim Diakonischen Werk in Bayern aus: „Wir haben bisher nur mit einem einzigen Bewerber einen Vertrag abgeschlossen“, sagt Holger Kalippke. Außerdem gebe es noch drei oder vier mündliche Zusagen. Platz wäre für rund 800 Leute.
Doch woher kommt das Desinteresse? Für die Sozialverbände ist klar: Kaum jemand weiß vom BFD. „Der Dienst ist leider noch nicht so bekannt, wie wir uns das wünschen“, sagt Susann Engert. „Die Informationskampagne der Bundesregierung ist erst Mitte Mai angelaufen.“ Grund: Bis zuletzt waren viele Verwaltungs- und Organisations-Details ungeklärt. „Dabei gibt es bei jungen Leuten eigentlich eine große Nachfrage nach Freiwilligendiensten“, sagt Engert. „Fürs Freiwillige Soziale Jahr haben wir in diesem Jahr eine sehr große Nachfrage, auch bedingt durch den doppelten Abi-Jahrgang. Das Problem ist aber: Das FSJ ist bereits eingeführt, viele junge Leute wissen, was das ist und was sie ungefähr erwartet. Beim Bundesfreiwilligendienst ist das noch nicht so.“
Auch Harald Keiser vom Diakonischen Werk kritisiert die Bundesregierung: „Die haben nur an den Wehrdienst gedacht. Soziale Einrichtungen sind nunmal das schwächste Glied in der Kette.“
Tatsächlich hat eine Forsa-Umfrage ergeben, dass nur knapp ein Drittel der Jugendlichen sich ein Engagement im BFD vorstellen kann. Mehr als die Hälfte ist der Meinung, dass ein verbindlich vorgeschriebenes Freiwilliges Soziales Jahr effektiver wäre.
Eine Konkurrenz zum FSJ befürchten die Träger bisher noch nicht. Aber sie haben eine andere Sorge: Anders als beim Sozialen Jahr können sich zum Bundesfreiwilligendienst auch Hartz-IV-Empfänger melden. „Was uns wichtig ist: Der Freiwilligendienst soll freiwillig bleiben“, sagt Engert. „Der Dienst soll kein Ersatz-Arbeitsmarkt werden.“
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