Daumenschrauben für Vaduz

Soviel Aufmerksamkeit war dem Besuch eines Regierungschefs aus Vaduz noch nie entgegengebracht worden. Angesichts des Steurskandals wird Liechtenstein in Regierunsgkreisen bereits als Störfaktor bezeichnet. Es sind unangenehme Fragen, denen sich Otmar Hasler heute stellen muss.
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Kanzlerin Merkel begrüßt den Botschafter in Deutschland, Prinz Stefan von und zu Liechtenstein
dpa Kanzlerin Merkel begrüßt den Botschafter in Deutschland, Prinz Stefan von und zu Liechtenstein

Soviel Aufmerksamkeit war dem Besuch eines Regierungschefs aus Vaduz noch nie entgegengebracht worden. Angesichts des Steurskandals wird Liechtenstein in Regierunsgkreisen bereits als Störfaktor bezeichnet. Es sind unangenehme Fragen, denen sich Otmar Hasler heute stellen muss.

BERLIN Otmar Hasler hat keine Zeit mehr für den akademischen Small-Talk. Ausgerechnet er, ausgerechnet heute: Der liechtensteinische Regierungschef wird zu einem lang geplanten Besuch in Berlin erwartet. Seine eigentlich geplante Rede zur „Zukunft des Europäischen Wirtschaftsraums“ sagte er gestern „auf Grund der aktuellen Gegebenheiten“ hektisch ab. Er wolle sich angesichts des Steuerskandals ganz auf politische Gespräche konzentrieren. Die dürften allerdings nicht sehr angenehm für ihn sein – Bundeskanzlerin Angela Merkel hat einige Fragen.

Denn die Bundesregierung will dem Mann aus Vaduz, der im Nebenjob auch Finanzminister des Fürstentums ist, heftig den Kopf waschen. Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück werden sich den Premier in Vier-Augen-Gespräche vorknöpfen und dabei deutlich mehr Unterstützung bei der Enttarnung von Steuerflüchtlingen verlangen.

Keine Chance gegen Steueroasen

„Ich glaube, dass es eine passende Gelegenheit ist, sich über die anstehenden Probleme noch einmal zu unterhalten“, sagte Merkel gestern vor der Auslandspresse in Berlin. Eine Chance, die Steueroasen in Europa abzuschaffen, sehe sie aber nicht. „Deshalb ist es einfach wichtig, dass im Ausland verwendetes Geld in Deutschland vernünftig versteuert ist.“

Beobachter gehen davon aus, dass Berlin auch deshalb die Daumenschrauben für Liechtenstein gerade jetzt anzieht, weil sich das Fürstentum derzeit um eine noch engere Zusammenarbeit mit der EU bemüht. Noch in diesem Jahr will Liechtenstein dem Schengen-Abkommen beitreten und damit alle Grenzkontrollen abschaffen.

"Ein Störfaktor" in Europa

In Regierungskreisen hieß es, Merkel müsse Hasler dringend klarmachen, dass der Zwergstaat derzeit „ein Störfaktor“ in Europa sei. Auch wenn Liechtenstein formal nicht EU-Mitglied sei, lebe es von der EU und müsse kooperativ sein. In diversen Web-Blogs im Internet wird die unter Druck stehende Steueroase schon halb spöttisch, halb garstig als „Schurkenstaat“ bezeichnet und zur „Achse des Bösen“ gezählt.

Unions-Fraktionsvize Michael Meister forderte das Fürstentum auf, die Steuerschlupflöcher endlich zu stopfen: „Wir können nicht akzeptieren, dass Länder wie Liechtenstein aktiv zur Steuerhinterziehung einladen. Man wolle das mit dem Fürstentum jetzt „in aller Freundschaft ernsthaft besprechen“. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast giftete: „Das grenzt ja an organisierte Kriminalität, was dieser Kleinstaat da treibt.“

Steuerhinterziehung wie eine Verkehrsübertretung

Das Fürstentum wies unterdessen Vorwürfe zurück, man lade Vermögende geradezu zur Steuerhinterziehung ein und werbe sie gezielt an. Steuerhinterziehung sei auch in Liechtenstein ein Delikt, sagt der Botschafter in Deutschland, Prinz Stefan von und zu Liechtenstein: „Wenn jemand bei uns Steuern hinterzieht, dann ist das so, wie wenn Sie eine Verkehrsübertretung machen. Das wird einfach abgewickelt“, sagt der Botschafter trocken. Im Übrigen wolle man sich „wirklich Mühe geben, mit den deutschen Behörden zusammenzuarbeiten“.

jox

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