Das Versuchslabor

Politikredakteurin Anja Timmermann über die Regierungsbildung von Schwarz-Grün in Hessen und ihre Funktion dort als Versuchslabor.
München - Jetzt steht plötzlich Schwarz-Grün wieder auf der Agenda: In Hessen sieht es ganz danach aus – mit einigen Folgewirkungen für die ganze Republik. Hessen ist quasi eine Art Versuchslabor. Alle neuen politischen Konstellationen in jüngster Zeit wurden zuerst dort getestet: Hier gab es 1985 die erste rot-grüne Koalition auf Länderebene.
Sie scheiterte zwar rasch, aber die stabile Neuauflage von 1991 bis 1999 schuf die Basis für diese Option im Bund. Auch Rot-Rot-Grün wurde – außerhalb Ostdeutschlands – zuerst in Hessen versucht: Und Andrea Ypsilanti scheiterte spektakulär damit. Was übrigens einer der Gründe ist, warum die Grünen es dort jetzt mit den Schwarzen versuchen wollen: Die Lust auf noch mal Harakiri ist begrenzt.
Und jetzt also das dritte Experiment: das erste Mal Schwarz-Grün in einem Flächenland. Man darf gespannt sein, wie es diesmal ausgeht, und zwar auch außerhalb Hessens. Sehr unwahrscheinlich, trotz aller Nickligkeiten zwischen Schwarz-Rot, dass es gleich aktuell auch im Bund zur Debatte steht – alle Akteure wollen doch lieber erst mal den Versuchsverlauf in einem Bundesland abwarten. Aber es wird dennoch gleich eine Rolle spielen.
Zum Beispiel beim SPD-Mitgliederentscheid, wo es ohnehin eine Neigung unter den Genossen gibt, den vermeintlich so undankbaren Part als Merkels Juniorpartner jemand anders zuzuschieben. Und auch generell: Die Parteienlandschaft in Deutschland bricht auf, die Lagergrenzen bröckeln unübersehbar.