Corinna Ponto: „Neue Blicke über den tiefen Krater wagen“
MÜNCHEN - Corinna Ponto, die Tochter des 1977 von der RAF ermordeten Bankiers, sucht Kontakt zur Familie der Mittäterin: ein schwerer Weg, aber auch ein spannender.
Mehr als drei Jahrzehnte nach der Ermordung des Bankiers Jürgen Ponto 1977 kann dessen Tochter den Mördern ihres Vaters nicht einfach verzeihen. „Wenn endlich ehrliche, kluge und die Vergangenheit aufarbeitende Worte von den Tätern kämen, könnte ich mir vielleicht neue Gedankenwege vorstellen, so aber nicht“, sagte Corinna Ponto der „Bunten“.
Obwohl ihr „ein sentimentales Vergeben unmöglich“ sei, habe sie inzwischen Kontakt mit Julia Albrecht, der Patentochter ihres ermordeten Vaters, erzählt die 51-Jährige. Albrechts Schwester Susanne war unter anderem wegen der Beteiligung an dem Mord an Ponto zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Mittlerweile befindet sich die frühere RAF-Terroristin, deren Familie mit den Pontos befreundet war, wieder auf freiem Fuß und arbeitet als Lehrerin in Norddeutschland.
Julia Albrecht habe ihr einen „sehr direkten, ehrlichen und sensiblen Brief“ geschrieben, berichtet Corinna Ponto. Darin habe sie „eine Herzensklugheit“ gefunden, die sie „gleich berührt“ habe. „Inzwischen hat sich zwischen uns eine vorsichtige Begegnung entwickelt, die der Anfang von vielem sein kann. Wir sind wie zwei Pole, die in einem tragischen Schicksalsgeflecht miteinander verbunden sind, das nicht von uns verursacht wurde.“
"Ein extrem emotionales Ereignis"
Ponto hat sich erstmals 2008 mit Julia Albrecht getroffen: „Es war für beide Seiten ein extrem emotionales Ereignis.“ Mittlerweile dächten sie sogar an ein gemeinsames literarisches Projekt: „Zwischen unseren Familien wurde damals ein tiefer Krater aufgerissen. Es ist Zeit, dass wir beide über verschiedene Seiten des Kraters neue Blicke wagen.“
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