China verhindert Gedenken an Tian'anmen-Massaker

Mit einem Großaufgebot an Polizeikräften hat Chinas Führung ein öffentliches Gedenken an die Opfer des Pekinger Massakers vor 25 Jahren verhindert.
dpa |
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Peking/Hongkong - Am Platz des Himmlischen Friedens (Tian'anmen) herrschten am Mittwoch massive Sicherheitsvorkehrungen. Polizisten kontrollierten die Ausweise und Taschen von Passanten. Auf dem Weg zum Platz mussten Autos jeweils Polizeisperren passieren. In Hongkong gab es dagegen Demonstrationen.

Die Regierung in Peking wies internationale Kritik an ihren Menschenrechtsverletzungen scharf zurück. Eine Aufarbeitung der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung am 4. Juni 1989 lehnte die chinesische Regierung entschieden ab. In den Gassen um den Platz des Himmlischen Friedens standen Busse, Polizeifahrzeuge, Krankenwagen und weitere Einsatzkräfte bereit. Auf dem Platz herrschte ansonsten aber weitgehend normales Treiben chinesischer Touristen.

In der autonom regierten chinesischen Sonderverwaltungsregion Hongkong versammelten sich im Laufe des Tages schon viele Menschen im Victoria-Park zu einer Großdemonstration. Mehrere Zehntausend wurden am Abend erwartet. Die frühere britische Kronkolonie gehört zwar seit 1997 zu China, genießt aber weiter Meinungs-, Versammlungs- und Pressefreiheit.

Nach Bundespräsident Joachim Gauck kritisierte auch die UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay die Führung in Peking wegen ihres Umgang mit dem Massaker. Alle Festgenommenen müssten freigelassen und eine Untersuchung der Vorfälle von 1989 aufgenommen werden, forderte die Menschenrechtskommissarin. Kritik übte sie auch an der Blockade der Google-Dienste und der Internetzensur in China.

Scharf konterte der Sprecher des Außenministeriums, Hong Lei, und warf Pillay eine "schwere Einmischung in innere Angelegenheiten" Chinas vor. Die Stellungnahme widerspreche ihrem Mandat als UN-Menschenrechtskommissarin. Eine Untersuchung des Militäreinsatzes lehnte er ab: "Chinas Regierung hat schon lange seine Schlüsse über die politischen Unruhen Ende der 80er Jahre gezogen."

In den vergangenen drei Jahrzehnten habe China große soziale und wirtschaftliche Fortschritte gemacht, hob der Sprecher hervor. Auf Fragen nach den Festgenommenen sagte der Sprecher: "In China gibt es keine sogenannten Dissidenten, sondern nur Gesetzesbrecher." Mehr als 90 Bürgerrechtler sind nach Angaben der Menschenrechtsgruppe Human Rights in China (HRiC) vor dem Jahrestag festgenommen, unter Hausarrest gestellt, verhört und eingeschüchtert worden.

Zuvor hatte Bundespräsident Gauck kritisiert, dass in China bis heute jede Diskussion über die Vorfälle von 1989 unterdrückt werde. In einer Rede in Berlin gedachte Gauck der Opfer der Unterdrückung der von Studenten ausgegangenen Proteste. Universitäten seien "wichtige Quellen des Wandels und lösen damit immer wieder politische Auseinandersetzungen aus - bisweilen mit tragischen Folgen".

Bei dem brutalen Militäreinsatz 1989 waren einige hundert Menschen ums Leben gekommen. Die genaue Zahl ist auch 25 Jahre danach nicht bekannt. Tausende wurden landesweit festgenommen. Einige Dutzend Teilnehmer an den Protesten wurden wegen Gewaltakten gegen Personen oder Sachen hingerichtet, wie Menschenrechtsgruppen berichteten.

Der ehemalige Studentenführer Wang Dan warnte in einem Interview der Nachrichtenagentur dpa vor der Entwicklung eines faschistischen Chinas. Nur Druck durch das eigene Volk und andere Länder könnten heute Reformen bringen. Wirtschaftlicher Wohlstand werde in China nicht zwangsläufig zu einem freieren politischen System führen. "Die chinesische Regierung wird sich niemals ändern, wenn sich das Volk nicht erhebt", sagte der heute im Exil in Taipeh lebende Wang Dan.

Der heute 45-Jährige kritisierte westliche Regierungen, im Umgang mit China nur die Wirtschaft im Blick zu haben. Politiker sollten China drängen, sich politisch und nicht nur wirtschaftlich und militärisch zu entwickeln. So habe sich schon Faschismus entwickelt, erinnerte Wang Dan an die deutsche Nazi-Vergangenheit und die Aggression des kaiserlichen Japans. Politiker sollten nicht darauf warten, "dass es ein drittes Mal passiert", sagte Wang Dan, der heute Geschichte lehrt. Gerade die Deutschen sollten aus dem Zweiten Weltkrieg lernen.

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