Cem Özdemir: „Die Herkunft soll gar keine Rolle spielen“
Der neue Grünen-Vorsitzende im AZ-Interview: Warum er nicht den Vorzeige-Türken geben will - und was ihn an Obamas Erfolg fasziniert
AZ: Herr Özdemir, herzlichen Glückwunsch! Wie fühlen Sie sich im grünen Haifischbecken?
CEM ÖZDEMIR: Ich empfinde die Grünen-Spitze nicht als Haifischbecken. Wir haben gezeigt, dass wir mit einem starken Team in den Wahlkampf ziehen wollen. Außerhalb der Partei haben wir genug Gegner.
AZ: Wie wollen Sie den Grünen im Wahljahr 2009 neuen Schwung verleihen?
CEM ÖZDEMIR: Wir wollen mit drei Themen punkten. Zum einen Klima- und Umweltschutz, da unterscheiden wir uns radikal von allen anderen Parteien – wir entscheiden uns im Zweifel für das Klima, nicht für die Autolobby. Unser zweiter Schwerpunkt ist Gerechtigkeit im Sinne von Bildungsgerechtigkeit und einer durchlässigen Gesellschaft. Unser drittes Anliegen sind die Bürgerrechte und die Freiheit des Individuums.
AZ: Wie lange wird es dauern, bis es den ersten türkischstämmigen Minister gibt?
CEM ÖZDEMIR: Dass wir darüber diskutieren, zeigt, wie weit der Weg noch ist. Ziel muss es doch sein, dass es eines Tages gar keine Rolle mehr spielt, wie jemand heißt und wo die Vorfahren herkommen. Sondern dass die Qualifikation entscheidend ist.
AZ: Nerven Sie die ganzen Obama-Vergleiche und die Yes-we-Cem-Parolen?
CEM ÖZDEMIR: Das ist nett gemeint, aber ich bin nicht der Obama, sondern der Cem Özdemir der Grünen. Was ich aber mit Blick auf die USA spannend finde: den Mut, für Veränderungen Risiken einzugehen und das Versprechen, alle dabei mitzunehmen. Wir Grüne sind die Partei, die am stärksten für Veränderungen am Status quo steht. Insofern fühlen wir uns den Obama-Wählern sehr verbunden.
Interview: Markus Jox
- Themen:
- Barack Obama
- Cem Özdemir