Bundespräsidentenwahl in Österreich: Die rechte Hausfrau

Barbara Rosenkranz kandidiert in Österreich als Bundespräsidentin. Die umstrittene Politikerin der FPÖ und Mutter von zehn Kindern polarisiert. Und die Alpenrepublik fürchtet wieder um ihr Ansehen.
von  Stephan Kabosch
Barbara Rosenkranz, die Kandidatin der rechtsgerichteten FPÖ
Barbara Rosenkranz, die Kandidatin der rechtsgerichteten FPÖ © dpa

„Da sind Melisse, Rotbusch, Hopfen und Baldrian drinnen.“ Hansruedi Raimund reicht Barbara Rosenkranz eine seiner berühmten Kräuter-Mischungen. „Das stärkt die Nerven“, sagt der Standl-Besitzer auf dem Schrannenmarkt in Salzburg. „Die werden’s brauchen am End‘.“ Es ist Markttag in der Mozartstadt. Barbara Rosenkranz, die Kandidatin der rechtsgerichteten FPÖ, nutzt ihn als Bühne für den Wahlkampf um das höchste Amt im Staat. Am 25. April wählt Österreich den Bundespräsidenten. Es ist anders als in Deutschland eine Volkswahl.

Barbara Rosenkranz schüttelt Hände, sie lässt die blauen Flyer der FPÖ verteilen. Der Absatz ist größer als bei den Kollegen der sozialdemokratischen SPÖ, die sich wenige Meter daneben aufgestellt haben. „Ich fühle mich wohl hier, spüre viel Zustimmung“, sagt Rosenkranz. Salzburg ist ihre Geburtsstadt.

Seit gut 20 Jahren macht sie nun Politik. Bundesweit sorgte die bekennende Hausfrau erstmals 2005 so richtig für Schlagzeilen. Damals stimmte sie gegen die EU-Verfassung – als einzige von 183 Abgeordneten im österreichischen Nationalrat, dem Bundesparlament. Seither fällt Barbara Rosenkranz immer wieder durch ihre extrem rechten Ansichten auf. Sie kritisiert die „ungezügelte Massenzuwanderung“, vertritt eine „beinharte Linie“ in der Ausländerpolitik, spricht von „Heimattreue“, lehnt Homosexualität ab.

Im Gespräch mit der AZ bezeichnet sich Rosenkranz als „sehr konservativ“: Familie, die Liebe zum eigenen Land, ein selbstbewusstes Österreich in einem Europa der Nationen und die Reduzierung der enorm gestiegenen Kriminalität „auf ein erträgliches Maß“ sind die Schwerpunkte ihrer Politik.

Barbara Rosenkranz ist längst zur Galionsfigur der äußersten Rechten in der Alpenrepublik geworden. In einem Interview mit dem Österreichischen Rundfunk (ORF) trat sie für eine Aufhebung des sogenannten Verbotsgesetzes ein, das nationalsozialistische Wiederbetätigung und die Verbreitung brauner Ideologien unter Strafe stellt. Lapidar antwortete die 51-Jährige auf die Frage nach ihrem Geschichtsbild: „Ich habe das Wissen, das in Österreich zwischen 1964 und 1976 in den Schulen unterrichtet wurde.“ Damals nahm in den Lehrplänen die Zeit zwischen 1933 und 1945 auffallend wenig Raum ein. Erst auf Druck ihres Förderers, der mächtigen Kronen-Zeitung, distanzierte sich Rosenkranz von ihren umstrittenen Äußerungen – medienwirksam in einer eidesstattlichen Erklärung.

Doch die Kandidatur der FPÖ-Politikerin polarisiert weiter. 3000 Menschen demonstrierten im März mit einem Lichtermeer in Wien gegen die Kandidatin. Nicht immer geht es dabei friedlich zu. Bei einer Kundgebung in Dornbirn (Vorarlberg) bedrängten linke Demonstranten den blauen Wahlkampf-Tross. Rosenkranz und ihr Team mussten flüchten.

Auf dem Schrannenmarkt in Salzburg soll es keine Zwischenfälle geben. Drei Polizisten gehen hinter der Wahlkämpferin her – in Distanz, aber deutlich sichtbar. Barbara Rosenkranz bleibt stehen, spricht mit einer Mutter, die ihren dreijährigen Sohn im Kinderwagen schiebt. Sie streichelt die Hand des Kleinen. Im Wahlkampf betont sie immer wieder die Werte der Familie, die Bedeutung einer „glücklichen Mutterschaft“. Frau Rosenkranz hat selbst zehn Kinder. Aus deren Vornamen machte das Boulevard-Blatt „Österreich“ eine deutschnationale Bildergalerie: Hedda, Horst, Arne, Mechthild, Hildrun, Volker, Sonnhild, Alwine, Ute und Wolf. „Es kann ja nicht jeder Kevin heißen“, pflegt Rosenkranz zu sagen.

Kaiserin Maria Theresia hatte 16 Kinder. Es wäre genügend Platz für eine weitere Großfamilie in der Wiener Hofburg, dem Sitz des österreichischen Bundespräsidenten. Doch am Verbleib des Amtsinhabers besteht kein Zweifel. Heinz Fischer von der SPÖ liegt in Umfragen bei gut 70 Prozent, Barbara Rosenkranz zwischen 13 und 18. Aber es ist nicht auszuschließen, dass sie am Wahlabend 20 Prozent der Stimmen erreicht haben wird. Die FPÖ profitiert davon, dass weder die konservative ÖVP noch die Grünen einen eigenen Kandidaten aufgestellt haben. Die befinden sich jetzt im Dilemma, haben Sorge, dass viele bürgerliche Wähler für Rosenkranz stimmen könnten. Und die Meinungsforscher fürchten ein Beteiligungsdebakel, schließen nicht aus, dass weniger als die Hälfte der Österreicher überhaupt zur Wahl geht.

Wieder einmal sorgt sich das kleine Land um sein Ansehen in der Welt. „Jede Stimme für Rosenkranz ist eine Schande für Österreich“, warnt etwa Richard Wadani, ein Zeitzeuge des Nationalsozialismus. Rosenkranz sagt zur AZ: „Ich habe an die Mitbewerber appelliert, durch ihr Wahlkampfgetöse den Ruf nicht zu beschädigen.“ Sie spricht von Diffamierungen. „Zweimal schon hatten wir ja diese Situation“, fügt sie hinzu. Das war 1986, als Kurt Waldheim, der frühere UN-Generalsekretär, für das Amt des Bundespräsidenten kandidierte und dabei seine Kriegsvergangenheit beschönigte. Und das war im Jahr 2000, als Jörg Haiders FPÖ in die Bundesregierung eintrat – und die Europäische Union Sanktionen über Österreich verhängte.

Europa ist weit an diesem Tag auf dem Salzburger Schrannenmarkt. „Mut zur Heimat“, hat die FPÖ plakatieren lassen. Eine Standl-Betreiberin versorgt den Tross von Barbara Rosenkranz noch mit ein paar Süßigkeiten. „Ich wünsch‘ Ihnen alles Gute und den Sieg“, sagt derweil ein Passant. „Nur Sieg. Mehr derf ma ja net sag‘n in Österreich.“

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