Brüssel und Frankreich kämpfen um Griechenland

Die EU-Kommission und Frankreich wollen das überschuldete Griechenland unbedingt in der Eurozone halten.
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EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker appellierte an die Eurozone, nicht voreilig auf einen Rauswurf Griechenlands zu drängen.
dpa EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker appellierte an die Eurozone, nicht voreilig auf einen Rauswurf Griechenlands zu drängen.

Brüssel/Athen - Die Verhandlungen der internationalen Geldgeber mit Athen über ein Spar- und Reformpaket müssten wieder aufgenommen werden, verlangte Kommissionschef Jean-Claude Juncker, wenige Stunden vor einem Sondergipfel der 19 Euro-Staaten am Abend in Brüssel. Aus Sicht von Frankreichs Premier Manuel Valls sollte Europa einen "Grexit" nicht riskieren - aus politischen Gründen und wegen unwägbarer Risiken für die weltweite Wirtschaftsentwicklung.

In einer Volksabstimmung hatten die Griechen am Sonntag die Sparvorgaben der internationalen Gläubiger klar abgelehnt. Der linke Ministerpräsident Alexis Tsipras erwartet nun Zugeständnisse der Geldgeber, die seit 2010 bereits 240 Milliarden an Hilfen bewilligt haben. Das bisherige Hilfsprogramm ist Ende Juni ausgelaufen, nicht abgerufene Milliardenhilfen verfielen damit.

Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem pocht auf ein Einlenken Athens. Ohne ein nachgebessertes Angebot zu Reformen sei ein Verbleib in der Eurozone "sehr fraglich", sagte der niederländische Finanzminister am Montagabend in Den Haag.

Lesen Sie hier: Gipfel in Brüssel: Griechenland-Gläubiger machen Druck

Die Zeit drängt, denn das Bargeld in Griechenland dürfte nur noch wenige Tage reichen. Und am 20. Juli muss Athen 3,5 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank (EZB) zahlen, um fällige Staatsanleihen zu tilgen. Wenn das Geld nicht komme, dann wäre dies "tatsächlich der Fall eines Staatsbankrotts", sagte der österreichische Notenbankchef Ewald Nowotny am Montagabend laut Nachrichtenagentur APA. Dann müsste die EZB aus seiner Sicht die knapp 90 Milliarden Euro an ELA-Notfallkrediten formal fällig stellen, wenn auch mit Fristen für eine Rückzahlung.

Von dem Sondergipfel erwartet die EZB laut Nowotny eine politische Perspektive, dass eine Lösung im Schuldenstreit in Sichtweite kommt. Das müsse sich in den Verhandlungen abzeichnen. "Das ist ein ganz, ganz wichtiger Tag", sagte er.

Lesen Sie hier: Schuldenkrise - Griechenlands Banken bleiben geschlossen!

Der lettische Zentralbank-Chef Ilmars Rimsevics sagte, ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro sei das "realistischste Szenario". Er sehe "faktisch keine andere Lösung", sagte er im lettischen Rundfunk.

EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker appellierte dagegen an die Eurozone, nicht voreilig auf einen Rauswurf Griechenlands zu drängen. Zugleich dämpfte er Erwartungen an den Sondergipfel, der keine umfassende Lösung aushandeln könne. "Aber wir werden heute den Weg ebnen, um in gemeinsamem Gespräch und in gegenseitigem Verständnis, und auch in gegenseitiger Toleranz, die Dinge in Ordnung zu bringen."

Griechenland will mit den Euro-Partnern auch über einen erneuten Schuldenerlass verhandeln. Das lehnt insbesondere Deutschland bislang ab. 2012 hatten private Gläubiger bereits auf einen großen Teil ihrer Forderungen verzichtet.

Lesen Sie hier: Merkel und Hollande verlangen schnelle Vorschläge Athens

Die griechischen Banken bleiben noch mindestens bis Mittwochabend geschlossen. Die Griechen dürfen seit gut einer Woche maximal 60 Euro am Tag an Geldautomaten abheben. Überweisungen ins Ausland sind nur mit Genehmigung der Zentralbank möglich. Ausländische Touristen sind von den Einschränkungen nicht betroffen.

Die griechischen Banken können nur Geld auszahlen, weil sie die Notkredite der EZB erhalten. Einen Antrag Athens, die Summe aufzustocken, lehnte die EZB am Montagabend ab, wie mehrere Medien berichteten.

Die soziale Not erreicht inzwischen dramatische Ausmaße. Im ersten Quartal 2015 betrug die Arbeitslosenquote 26,6 Prozent, unter den jungen Menschen bis 24 Jahren sind sogar knapp die Hälfte ohne Job. Noch im Jahr 2008 - dem Beginn der globalen Finanzkrise - lagen Deutschland und Griechenland laut Statistikbehörde Eurostat fast gleichauf - mit Werten unter acht Prozent.

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