Besetztes Parlament auf der Krim setzt Referendum über Status der Region an
Auf der Krim werden Rufe nach einer Abspaltung von der Ukraine immer lauter. Die seit Jahrhunderten umkämpfte Halbinsel wird wieder einmal ihrem Ruf als Pulverfass gerecht.
Simferopol – Auf der Krim hatten am Morgen etwa 30 Männer die Eingangstüren zerschossen und sich Zugang verschafft, wie ein Mitarbeiter der Behörden sagte. Die Gruppe bezeichne sich als Selbstverteidiger der russischsprachigen Bevölkerung der Krim. Interimsinnenminister Arsen Awakow versetzte die Sicherheitskräfte in Alarmbereitschaft. Nach Berichten von Augenzeugen weht auf dem Gebäude die russische Flagge.
Angesichts zunehmender Spannungen auf der ukrainischen Halbinsel Krim hat das Parlament die Regierung der prorussisch geprägten Region entlassen. Das beschlossen die Abgeordneten am Donnerstag in einer Sondersitzung, wie örtliche Medien berichteten.
Abstimmung über Autonomie
Zudem setzte das von Bewaffneten besetzte Regionalparlament setzte für den 25. Mai eine Volksbefragung über die Zukunft der eigenen Autonomie an. Auf der Krim werden Rufe nach einer Abspaltung von der Ex-Sowjetrepublik immer lauter. Die mehrheitlich russischsprachige Bevölkerung auf der Krim fürchtet seit dem Sturz des ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch um ihre kulturelle Selbstbestimmung.
Der ukrainische Interimspräsident Alexander Turtschinow flog nach Aussage des ukrainischen Nato-Botschafters Igor Dolgow auf die Halbinsel, auf dem sich der Stützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte befindet.
Ein Pulverfass
Die seit Jahrhunderten umkämpfte Halbinsel wird wieder einmal ihrem Ruf als Pulverfass gerecht. Es kann jederzeit explodieren. Zwar beteuern Offizielle in Moskau, sich nicht einmischen zu wollen. Aber in Scharen geben sich prominente russische Politiker seit Tagen auf der Krim ein Stelldichein. Der per Straßenabstimmung gewählte Bürgermeister in Sewastopol – ein russischer Geschäftsmann mit dem Namen Alexander Tschalyi – hat an den Zugängen zur Stadt Wachpunkte errichten lassen.
Die Nato und auch Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen sind besorgt angesichts der hochkochenden Emotionen. Von heißem Blut ist die Rede in der Region mit den vielen Volksgruppen – allen voran der islamisch geprägten Minderheit der Tataren, die immer wieder auch mit gewaltsamen Aktionen von sich reden machte. Schon werden Warnungen des Westens laut, die nach dem Sturz von Präsident Viktor Janukowitsch geschwächte Ukraine dürfe nicht zerfallen.
Russland rasselt mit dem Säbel
Russland, das Janukowitsch Schutz gewährt, hält sich mit Friedensappellen zurück. Kremlchef Wladimir Putin schickt stattdessen Panzer, Kriegsschiffe und Kampfflugzeuge in die Spur. Offiziell spricht das Verteidigungsministerium zwar von einem Manöver. Doch Moskaus Machtdemonstration an der Grenze zur Ukraine lässt nicht nur die neue Führung in Kiew, sondern auch den Westen aufschrecken. Zudem sind mehrere russische Schützenpanzer außerhalb ihrer Stützpunkte auf der Krim gesichtet worden.
Scharf warnte der ukrainische Interimspräsident Alexander Turtschinow die Russen vor einer „militärischen Aggression“. Er verließ angesichts der Lage auf der Krim am Donnerstag das Parlament in Kiew vorzeitig, um die Situation mit den Sicherheitsdiensten auszuloten. „Die Krim ist, war und wird ein Teil der Ukraine sein“, betonte der neue Regierungschef Arseni Jazenjuk. Doch die Krim ist weit von Kiew. Das Präsidium im dortigen Parlament beschloss im Eiltempo eine Volksabstimmung über die Zukunft des Autonomie-Status. Das Gremium warnte ganz im Sinne Moskaus vor der Errichtung einer rechtsextremen Diktatur ukrainischer Nationalisten. Das will auch Russland verhindern.