Bericht des Rechnungshofes: Wir sparen uns dumm und buckelig

Bayern gilt als reich. Trotzdem spart der Freistaat – und das offenbar oft am falschen Ende. Das zeigt sich an den Schulen und auch auf den Straßen. „Das Schlagloch von heute ist das Finanzloch von morgen.“
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Nur in Sachsen sind die Straßen noch schlechter als in Bayern
dpa Nur in Sachsen sind die Straßen noch schlechter als in Bayern

MÜNCHEN - Bayern gilt als reich. Trotzdem spart der Freistaat – und das offenbar oft am falschen Ende. Das zeigt sich an den Schulen und auch auf den Straßen. „Das Schlagloch von heute ist das Finanzloch von morgen.“

Eigentlich ist es ihre Aufgabe, den Sparstift anzusetzen und anzuprangern, wo Steuergelder verpulvert werden. Diesmal aber zeigen sich Bayerns oberste Rechnungshüter von einer ganz anderen Seite. Sie werfen der Staatsregierung auch vor, wo sie viel zu geizig ist. Ganz nach dem Motto: Wir sparen uns dumm und buckelig – und das kommt uns teuer zu stehen. Die AZ listet die gravierendsten Fälle des neuen Jahresberichts des Rechnungshofes über Steuer-Verschwendung und falsches Sparen auf.

BUCKELPISTEN

Nur im armen Sachsen-Anhalt sind die Straßen noch schlechter als im reichen Bayern. Der Freistaat spart vor allem bei den Wegen, für die er zuständig ist, schmiert die Löcher nur noch mit ein bisschen Teer zu. Ein Drittel der Staatsstraßen ist so sanierungsbedürftig, dass bauliche und verkehrsbeschränkende Maßnahmen notwendig sind. Fast zwei Drittel sind in einem so schlechten Zustand, „dass unverzügliches Handeln notwendig ist“, so die Prüfer. Ihr Fazit: „Das Schlagloch von heute ist das Finanzloch von morgen.“

SCHULAUSFALL

An den 220 staatlichen Realschulen ist der Unterrichtsausfall drastisch: 282000 Stunden sind im Prüfungszeitraum 2007/2008 ausgefallen. Mehr als jede zehnte Stunde wurde nicht planmäßig gehalten. Das seien insgesamt 855000 Stunden. Vor allem die sechste Stunde fiel aus. Die Hauptursachen: Fast die Hälfte der Stunden konnten nicht gehalten werden, weil die Lehrer krank waren, 22 Prozent wegen Klassenfahrten und 15 Prozent, weil Lehrer auf Fortbildung waren. „In mehr als drei Viertel der Fälle wurde auf eine Vertretung verzichtet und der Ausfall der sechsten Stunden weitgehend akzeptiert“, kritisieren die Prüfer.

FILMRISS

München, Hauptstadt des deutschen Films. Das war einmal. Bayern hat seine Vormachtstellung abgegeben – an Berlin. Nirgendwo sonst wurde die Filmförderung so gekürzt wie im Freistaat. Die Prüfer warnen, der Filmstandort müsse konkurrenzfähig bleiben.

TEURE, KALTE LUFT

Mehr als 1100 Server-Räume in den staatlichen Gebäuden wurden auf 19 bis 22 Grad abgekühlt. Das verschlang fünf Millionen Euro Stromkosten. Dabei hätten 24 bis 25 Grad auch gereicht. Zwei Millionen Euro Ausgaben und der Ausstoß von 7000 Tonnen Kohlendioxid hätte man vermeiden können. Die Prüfer: „Energieeinsparung war kein Thema.“

LUFTSCHLOSS OTTOBRUNN

Dort wollte Bayern ein Gründerzentrum für Energie-Technologie etablieren, gefördert mit 1,4 Millionen Euro. „Das Förderverfahren war dilettantisch“, so die Prüfer, „die Konzeption unzureichend.“ Es sei nicht einmal klar, ob sich dort tatsächlich Existenzgründer angesiedelt haben. Ihr Fazit: „Die Subvention muss zurückgefordert werden.“

VERSPEKULIERT

19 Millionen Euro vergibt die staatlich verwaltete Landesstiftung „Hilfe für Mutter und Kind“ jährlich an Schwangere in Bayern. Ihr Grundstockvermögen beträgt 60 Millionen Euro. Damit wurde kräftig mit Aktien spekuliert. Vier Millionen Euro sind futsch. Das Loch fiel kaum auf: Gestopft wurde es mit 3,5 Millionen Förderung, die der Freistaat falsch bewilligt hatte. Die Prüfer: „Das Rechnungswesen war unvollständig und fehlerhaft.“

ADERLASS IM ROTEN KREUZ

Das BRK machte von 2002 bis 2007 gleich 85 Millionen Verluste – vor allem mit seinen 53 Alten- und Pflegeheimen. Eine der Forderungen der Rechnungsprüfer: Das BRK soll sich aus gewerblichen Tätigkeiten zurückziehen, die nichts mit seiner Aufgabe zu tun haben. Wie die Parkraumbewirtschaftung am Zentralen Omnibusbahnhof in München. Die Prüfer: „Die Verluste aus diesem Geschäft müssen sonst mit Spenden und Mitgliedsbeiträgen gedeckt werden.“ Angela Böhm

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