Beck wütet gegen "Halbverrückte"
Wenige Wochen nach seinem Rücktritt wütet der geschasste SPD-Chef jetzt in einem Interview gegen "Genossen", die keine gewesen seien. Freunde habe er in Berlin außerdem nie gehabt. Und Altkanzler Schröder verdächtigt er der Intrige.
MAINZ Kurt Beck lässt seiner Wut freien Lauf: Einen Tag vor der Vorstellung seiner Autobiografie hat der geschasste SPD-Chef in einem großen "stern"-Interview mit seinen Parteifreunden so richtig abgerechnet. "Halbverrückte" hätten ihm die Arbeit kaputtgemacht, "Freunde" habe er in der SPD-Spitze nie gehabt.
Der Umgang in der Partei sei katastrophal, klagt der Mainzer Ministerpräsident: "Wir duzen uns, wir nennen uns Genossen, aber wir verhalten uns nicht so. Das muss wieder anders werden." Während seiner Amtszeit hätten ihm "manche Parteifreunde Backsteine statt Brot in den Rucksack gepackt". Er hoffe, dass die nächsten Parteiführungen wieder "vernünftig arbeiten" könnten und ihnen die Arbeit nicht mehr "von Halbverrückten kaputtgemacht" wird, zieht Kurt Beck vom Leder.
Die neue SPD-Spitze habe bei der Bundestagswahl eine gute Chance, "aber das hätte man auch miteinander haben können", sagt er verbittert. An dem Sonderparteitag, der Franz Müntefering zum neuen Vorsitzenden küren soll, werde er "aus heutiger Sicht eher nicht teilnehmen". Beck: "Ich will vor allen Dingen nicht für irgendwelche geheuchelten Bilder herhalten. Dafür ist mir alles noch zu nah." Sein Verhältnis zu Müntefering sei auch nach dem Treffen am vergangenen Freitag schwierig. "Mehr als dass man anständig und ordentlich reden kann, hat es nicht gebracht." Er deutet an, dass er Müntefering für den Schuldigen an seinem Sturz hält: "Ich weiß nicht, ob mein Rücktritt beabsichtigt war oder in Kauf genommen wurde", sagt Beck. Ob er sich von Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier ausgetrickst fühle? "Nicht so sehr von ihm."
Zu seinem Rücktritt sagt der Pfälzer: "Ich bin mir sicher, dass ich richtig entschieden habe." Sonst hätte man ihm seine Würde genommen. Er hätte es sich nie vorstellen können, "mal an die Grenzen meiner psychischen Kraft zu kommen". Vor zehn Jahren hätte er gleich hinschmeißen müssen, weil er "in psychische Schwierigkeiten geraten" wäre, heute schütze ihn ein "gewisses Maß an Selbstsicherheit". Die beweist er auch gleich im Interview – er wirft seinen Kritikern "dümmliche Arroganz" vor. Zum Spott über sein Äußeres sagt er: "Wenn das über eine Frau geschrieben worden wäre, wäre es blanker Sexismus." Politiker aus der Provinz – also "Leute mit neuen Sichtweisen und Ideen" – hätten es in Berlin sehr schwer. Auch ein Franz Josef Strauß und ein Herbert Wehner hätten wohl heute keine Chance mehr, so Beck.
In der "Zeit" heißt es derweil, Beck verdächtige auch Altkanzler Schröder der Intrige. Das dementierte dieser: "Ich habe die Vorgänge mit Doris am Fernseher verfolgt."