BayernLB-Affäre: Fahrenschons Finten
MÜNCHEN/WIEN - In der Affäre um die Skandalbank HGAA wird es für den Finanzminister eng – jetzt sagt er, er habe einen brisanten Bericht „aus Zeitgründen“ geheim gehalten. Entscheidungsschlacht bis Freitag.
In der Affäre um den Kauf der maroden österreichischen Bank Hypo Group Alpe Adria geht es jetzt drunter und drüber. In München stand gestern blass wie ein Schulbub Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon vor dem Landtag und versuchte sich zu verteidigen, warum er einen brisanten Prüfbericht zum Kauf der österreichischen Bank Hypo Group Alpe Adria (HGAA) gut fünf Monate verheimlicht hat. Unterdessen kämpft die Münchner Staatsanwaltschaft in Kärnten um beschlagnahmte Unterlagen, die die angeschlagene Tochter der BayernLB nicht herausgibt.
Unterdessen kam auch noch heraus, dass der frühere BayernLB-Chef Werner Schmidt nach seinem Ausscheiden bei der Landesbank 50 000 Euro Beraterhonorar von der HGAA erhalten haben soll. Den Vertrag hatte der damalig HGAA-Chef Tilo Berlin unterschrieben. Berlin und Schmidt sind zwei alte Bekannte. Gemeinsam hatten sie den Kauf der HGAA durch die BayernLB eingefädelt.
Inzwischen ermittelt die Münchner Staatsanwaltschaft gegen Schmidt wegen des Verdachts der Untreue. Die Zentrale der HGAA in Kärnten weigert sich, beschlagnahmte Unterlagen herauszugeben. Auch das wurde gestern bekannt.
Gleichzeitig kam in Wien Österreichs Vizekanzler und Finanzminister Josef Pröll braungebrannt aus seinem Mauritius-Urlaub und bluffte gleich Richtung Bayern, der Freistaat solle nochmals Geld nachschießen. Denn an diesem Freitag wird das Schicksal der Bank besiegelt: Bis dann wird entschieden, ob die österreichische Bank zwangsverstaatlicht wird – oder noch gerettet werden kann, wenn sich Bayern und Österreich einigen. Für den Freistaat stehen bereits jetzt sechs Milliarden Euro auf dem Spiel. Zum Überleben braucht die Bank eine weitere Finanzspritze von 1,5 Milliarden Euro. Sonst ist sie pleite.
Für Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon aber geht es derzeit nicht nur um Milliarden, sondern auch um sein eigenes Überleben. Vor der Kontrollkommission des Landtags eierte er gestern herum, warum er einen brisanten Prüfbericht zum Kauf der Skandalbank so lange geheim gehalten hatte.
Corinna Linners Fazit: übereilt und überteuert
In monatelanger Arbeit hatte die anerkannte Wirtschaftsprüferin Corinna Linner ein 25-seitiges Gutachten erstellt. Ihr Fazit: Die Ösi-Bank sei von den Bayern zu übereilt und zu überteuert gekauft worden. Es sei fraglich, „ob die Beteiligten ihrer Sorgfaltspflicht gerecht wurden“. Zwei Monate später revidierte sie ihr Urteil und stellte den Verantwortlichen einen Persilschein aus.
Fahrenschon verteidigte sich mit Zeitproblemen. Die Landtagskommission zur BayernLB habe sich mit so vielen anderen Themen befassen müssen, daher sei es nicht möglich gewesen, die Informationen dem Gremium frühzeitig zur Verfügung zu stellen. Er rückte sie erst raus, als das brisante Gutachten den Grünen zugespielt worden war.
Gestern argumentiert Fahrenschon dann so: Der Bericht von Corinna Linner sei ja nur „vorläufig“ gewesen. Nachdem sie ihn revidiert und als „obsolet“ erklärt habe, habe er keine Notwendigkeit mehr gesehen, ihn vorzulegen.
Zweifel im Landtag
Auch Linner musste den Abgeordneten Rede und Antwort stehen, warum sie zwei Monate später in einer Sitzung des Verwaltungsrats der BayernLB ihr Gutachten plötzlich völlig revidiert hatte. Lächelnd und mit Pokerface versicherte die Expertin, dass es nur ein „vorläufiger Bericht“ gewesen sei. Aus dem Gespräch mit den Betroffenen sei sie zu neuen Informationen gekommen und zu einer neuen Bewertung. Dass sie unter Druck gesetzt worden sei, bestritt Linner. Nach ihrem ersten Fazit hätten die Verantwortlichen für den Kauf der HGAA nämlich allesamt sofort wegen Untreue angeklagt werden müssen.
Österreich und Bayern pokern unterdessen weiter. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer will keinen Cent mehr in die marode Bank stecken. Sein Spezl, Österreichs Vizekanzler und Finanzminister Josef Pröll, pocht aber darauf. Gestern erklärte er: „Die Eigentümer sind gefordert.“ Es könne keine Unterstützung durch Österreich geben ohne Vorleistung von Bayern.
Für die Pokerrunde gibt es drei Varianten: Bayern zieht ein Ende mit Schrecken vor und zahlt nichts mehr. Dann muss Österreich zwangsverstaatlichen. Für Bayern wären dann sechs Millarden Euro verloren. Angeblich wartet darauf die österreichische Raiffeisen- Gruppe. Sie spekuliert auf die rentablen Zweige der HGAA, die sie dann übernehmen will.
Variante 2: Die Eigentümer schießen doch die 1,5 Milliarden zu. Variante 3: Österreich beteiligt sich zur Hälfte an der HGAA. Die andere Hälfte behält Bayern.
In der CSU-Fraktion ist die Stimmung inzwischen am Tiefpunkt. Auch ihr Fraktionschef Georg Schmid gehörte dem Kontrollgremium der BayernLB an. Viele Abgeordnete hatten am Dienstag keine Lust auf die Weihnachtsfeier der Fraktion. Zum traditionellen Kirchgang kamen nur 15 Abgeordnete.
Angela Böhm