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"Alle Immobilien-Unternehmen bekamen Probleme": Was die Verteidigung im Benko-Prozess sagt

Erster Akt rund um die Signa-Pleite, und die AZ ist vor Ort: René Benko muss sich wegen des Verdachts der Gläubiger-Schädigung verantworten. Der Prozess-Auftakt geriet knapp.
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Der Angeklagte René Benko zu Beginn des Prozesses.
Der Angeklagte René Benko zu Beginn des Prozesses. © Expa/Johann Groder/APA

Am heutigen Dienstag hat vor dem Landesgericht Innsbruck der lang erwartete erste Prozess gegen den einst gefeierten Immobilienkönig René Benko, der seit Januar 2025 in Untersuchungshaft sitzt.

Zum Prozess sind acht Zeugen geladen, darunter seine Mutter, seine jüngere Schwester und zwei Männer, die zu seinen engsten Vertrauten gehörten. Ebenfalls geladen ist der Ex-Finanzchef des Signa-Konzerns. Das Urteil soll bereits am Mittwochabend fallen. Die AZ ist live vor Ort und berichtet aus Innsbruck.

René Benko bekennt sich nicht schuldig: Erster Prozesstag schnell vorbei

Update, 11.06 Uhr: Das war's schon für heute. Nach nur zwei Stunden ist der erste Prozesstag gegen den österreichischen Investor René Benko beendet worden, es geht erst am Mittwoch um 9 Uhr weiter. Für morgen sind dann die Zeugen geladen. Allerdings ist jetzt schon klar, dass Benkos Mutter und Benkos Schwester nicht vor Gericht erscheinen werden, da sie sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen. Grund für die Entscheidung war der Umstand, dass sich Benko nicht ausführlich zu den Vorwürfen äußern wollte. Benkos Anwalt bestätigt der AZ: Sein Mandant habe gemeint, es sei alles gesagt. Daher geht's heute früher als geplant zu Ende. 

René Benko will doch nicht aussagen

Update, 10.38 Uhr: Im Haus im Innsbrucker Stadtteil Hungersburg leben nun Benkos Frau und seine drei jüngsten Kinder. Seine Tochter Laura, nach der er eine Stiftung gegründet hat, ist aus erster Ehe.

 Um dieses Haus im Innsbrucker Stadtteil Hungersburg geht es.
 Um dieses Haus im Innsbrucker Stadtteil Hungersburg geht es. © Nina Job

Jetzt geht es weiter. René Benko sagt, dass er aussagen möchte. "Bekennen Sie sich schuldig", fragt die Richterin. "Nicht schuldig", antwortet der 48-Jährige. Dann sagt er, dass er doch keine Fragen mehr beantworten wolle. Weil die Zeugen jetzt erst ins Gericht kommen müssen, wird wieder unterbrochen. Als Zeuge soll der Masseverwalter Andreas Grabenweger aussagen. 

Anwalt Wess: "Benko kämpfte bis zur körperlichen Selbstaufgabe um sein Lebenswerk"

Update, 10.19 Uhr: Nun spricht Benkos Anwalt Norbert Wess. Sein Mandat bekenne sich in beiden Fällen nicht schuldig. Wess beschreibt die Zeit, in der die angeklagten Straftaten liegen, als "unglaubliche Herausforderung für Herrn Benko" – nach Corona, gestiegenen Zinsen und Baukosten sowie dem Ausbruch des Ukrainekriegs. Wess: "Alle Immobilien-Unternehmen bekamen Probleme, die großen bekamen große." Benko habe rund um die Uhr um sein Lebenswerk gekämpft: "Bis zur körperlichen Selbstaufgabe."

In Richtung der Staatsanwältin sagt er: "Ich lasse mir keine Nebelgranaten und kein Störfeuer unterstellen". Die Anklage sei seiner Auffassung nach schlichtweg falsch. Und weiter: "Ich kenne viele Unternehmer, die sich sehr viel abverlangen, aber Herr Benko gehört an die oberste Stelle." Man könne Benko nicht vorwerfen, dass er für seine Familie vorsorge. Er wollte, dass die Familie zurück in dieses Haus zieht, "auch, um sich dem Medienrummel zu entziehen". Jetzt ist Pause.

Benko und die Familienstiftungen: "Eine Art Selbstbedienungsladen"

Update, 10.06 Uhr: Die Staatsanwältin hat die Anklage verlesen. Sie sagt, für Benko seien die Familienstiftungen "eine Art Selbstbedienungsladen" gewesen, in dem er seiner Mutter, einer pensionierten Kindergartenpädagogin, eine zentrale Funktion gab. Seine Schwester habe persönliche und finanzielle Vorgänge für ihn abgewickelt.

Bei Benko hätten ganz alltägliche Vorgänge – wie hier die Miete zahlen – eine abenteuerliche Wendung genommen. Zu erklären ist das damit, dass er seinen luxuriösen Lebensstil nicht aufgeben wollte. Benko sitzt der Richterin gegenüber. Was in ihm vorgeht, können die Prozessbeobachter nicht mehr sehen. Sein Gesicht ist abgewandt.

Erster Benko-Auftritt nach neun Monaten U-Haft

Update, 9.41 Uhr: Benko war in Österreich viele Jahre eine für seine Erfolge bestaunte Figur. Er wurde von Gesellschaft und Politik hofiert. Der höchst intransparente Signa-Konzern, zu dem solche Prestige-Objekte wie das Chrysler-Building in New York oder der Hamburger Elbtower gehörten, war im Herbst 2023 zahlungsunfähig.

René Benko im Gespräch mit seinem Anwalt.
René Benko im Gespräch mit seinem Anwalt. © Barbara Gindl/APA

Steigende Zinsen und Baukosten, der riskante Einstieg ins Handelsgeschäft mit dem Kauf von Karstadt und Kaufhof sowie mögliche Managementfehler hatten den Konzern in Schieflage gebracht. Innerhalb kurzer Zeit stürzte das Konglomerat aus mehr als 1130 Gesellschaften wie ein Kartenhaus zusammen. Die Forderungen belaufen sich nach Angaben des Kreditschutzverbands KSV von 1870 auf insgesamt rund 27 Milliarden Euro, davon seien neun Milliarden anerkannt. Die Summe beinhaltet auch sämtliche Forderungen der Signa-Gesellschaften untereinander. Der wirtschaftliche Schaden rein für externe Auftragnehmer ist noch nicht bezifferbar.  

René Benko lebte auf großem Fuß  

Update, 9.21 Uhr: Benko, in Österreich auch als "Wunderwuzzi2 tituliert, hatte sich bereits zum Ende seiner Schulzeit in Innsbruck als talentierter Geschäftsmann entpuppt. Statt das Abitur zu machen, baute er Dachböden aus. Seine 1999 in Signa umbenannte Immobiliengesellschaft gehörte zu den größten in Österreich. Durch aufsehenerregende Projekte in Österreich und Deutschland wuchs sein Ruf als genialer Investor.

Ihm standen eine 62-Meter-Jacht, ein Privatjet und ein Haus mit mehreren Tausend Quadratmetern zur Verfügung. Sein Geschäftsmodell profitierte immens von der langen Niedrigzinsphase, wodurch Investitionen in Immobilien stark erleichtert wurden. Als die Zinsen wieder anzogen, kam die Signa in Schwierigkeiten. Signa-Manager und Aufsichtsratsmitglieder werden dafür kritisiert, dass sie den Aufgaben einer umsichtigen Führung und Kontrolle nicht nachgekommen seien.

Benko-Vermögen wurde zu Glanzzeiten auf fünf Milliarden Euro geschätzt

Update, 9.17 Uhr: Insgesamt verfolgen die österreichischen Behörden bei den Ermittlungen 14 Stränge. Der Verdacht lautet meist schwerer Betrug und Untreue. Im Visier der Justiz sind 15 Verdächtige. Der von den Ermittlern der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in Wien erfasste Gesamtschaden beläuft sich auf 300 Millionen Euro. Auch in Deutschland und Italien wird ermittelt. Weitere Anklagen gegen Benko und andere Verdächtige gelten als wahrscheinlich. Sein Vermögen war zu seinen Glanzzeiten auf fast fünf Milliarden Euro geschätzt worden.

Der Unternehmer René Benko soll bei seiner Insolvenz Vermögenswerte beiseite geschafft und so seine Gläubiger geschädigt haben.
Der Unternehmer René Benko soll bei seiner Insolvenz Vermögenswerte beiseite geschafft und so seine Gläubiger geschädigt haben. © Expa/Johann Groder/APA

René Benko ist da: Seine ersten Worte vor Gericht

Update, 9.11 Uhr: René Benko hat abgenommen in der Haft, ist blass, wirkt angegriffen. Er äußert sich jetzt zu persönlichen Verhältnissen: Zu Schulden und Vermögensverhältnissen will er nichts sagen. Das Alter seiner Kinder: 10, 13, 15 und 22 Jahre alt. "Die drei kleineren Kinder werden von meiner Frau betreut", sagt Benko. Er habe keine Vorstrafen sagt er. Die Richterin: "Es gab mal was in der Vergangenheit, das ist gelöscht."  

Warten auf René Benko

Update, 8.51 Uhr: Im Gericht herrschen hohe Sicherheitsvorkehrungen. Alle müssen durch eine Sicherheitsschleuse, vor und im Gebäude sind viele Polizisten. Benkos Anwalt Norbert Wess sagt der AZ: "Mein Mandant will sich äußern." Auf die Frage, wie es seinem Mandanten gehe, sagt er: "Er ist kämpferisch."

René Benko wird im Prozess des Jahres von Anwalt Norbert Wess, ein Experte im Wirtschaftsstrafrecht, vertreten. Rechts neben ihm sein Kollege Thomas Pillichshammer.
René Benko wird im Prozess des Jahres von Anwalt Norbert Wess, ein Experte im Wirtschaftsstrafrecht, vertreten. Rechts neben ihm sein Kollege Thomas Pillichshammer. © Nina Job

Update, 8.48 Uhr: Unter anderem geht es um eine durch eine als "Rückführungsdarlehen" deklarierte Schenkung von 300.000 Euro an seine Mutter. Der gefallene KaDeWe-Investor wird beim Prozess also seine Mutter Ingeborg (75) und seine Schwester Verena (43) sehen, die als Zeuginnen auftreten. Ihre Aussagen von Mutter und Schwester werden am Mittwoch erwartet. 

Ein Polizist und eine Hinweistafel vor Beginn des Prozesses gegen den Signa-Gründer René Benko.
Ein Polizist und eine Hinweistafel vor Beginn des Prozesses gegen den Signa-Gründer René Benko. © Barbara Gindl/APA

Update, 8.41 Uhr: Dem Gründer des Immobilien- und Handelsimperiums Signa wird vorgeworfen, dass er angesichts seiner drohenden Pleite als Einzelunternehmer erhebliches Vermögen verschleiert und damit seine Gläubiger geschädigt habe. Die Schadenssumme beträgt laut Staatsanwaltschaft rund 660.000 Euro.

Der Strafrahmen reicht bis zu zehn Jahren Haft. Für den auf zwei Tage anberaumten Prozess vor dem Landgericht Innsbruck haben sich rund 70 Journalistinnen und Journalisten aus dem In- und Ausland angemeldet. Das Verfahren umfasst nur einen kleinen Teil der Ermittlungen rund um die milliardenschwere Pleite der Signa.

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Konkret geht es darum, dass der 48-Jährige einen aus Sicht der Anklage nicht vertretbaren Miet- und Betriebskostenvorschuss in Höhe von etwa 360.000 Euro für ein von ihm genutztes Anwesen bezahlt habe. Außerdem habe er 300.000 Euro an eine Angehörige überwiesen, um die Summe den Gläubigern zu entziehen, so der Verdacht. Für den Prozess sind acht Zeuginnen und Zeugen geladen. Benko bestreitet die Vorwürfe.

Update, 14. Oktober, 8.30 Uhr: In einer halben Stunde beginnt am Landesgericht Innsbruck der erste Strafprozess gegen René Benko. Vor dem Gerichtsgebäude in der Maximilianstraße haben sich Fernsehteams positioniert, die ersten Live-Schalten laufen.

82 Journalisten haben sich für den Prozess akkreditiert: von Innsbruck bis angeblich Abu Dhabi, heißt es.
82 Journalisten haben sich für den Prozess akkreditiert: von Innsbruck bis angeblich Abu Dhabi, heißt es. © Nina Job

In der Tiroler Tageszeitung ist die Verhandlung der "Prozess des Jahres". 82 Journalisten haben sich für den Prozess akkreditiert: von Innsbruck bis angeblich Abu Dhabi, heißt es. Am Gebäude hängen Zettel, dass alle Platzkarten vergeben sind.

Für andere Prozessbeobachter gibt es nur zehn Plätze, die frei vergeben worden. Um 5.03 Uhr stand der Allererste dort, der letzte Platz wurde erst Stunden später vergeben.

"Das Interesse war überschaubar", sagt einer. Es sei nicht schwierig gewesen, einen Platz zu ergattern. Der Mann wohnt 20 Kilometer von Innsbruck entfernt und war Polizist. Der Pensionist zur AZ: "Ich hatte beruflich mit Kriminellen zu tun. Beim Benko habe ich mir schon lange gedacht, dass das nicht mit rechten Dingen zugehen kann."

 

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  • Witwe Bolte vor 2 Stunden / Bewertung:

    Der Fall Benko ist ein typisches Beispiel für widerlichen Raubtier-Kapitalismus.

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  • Himbeer-Toni vor einer Stunde / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Witwe Bolte

    Das es auch Fehler gibt in unserem Wirtschaftssystem ist unbestritten. Was wäre die Lösung?
    Alles verstaatlichen, und es entscheiden die Parteisekretäre?

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  • Kritik vor 4 Stunden / Bewertung:

    Diese Benkos sind leider überall! Und die zuständigen Politiker spielen "ganz zufällig"? - immer mit?🤑

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