Avigdor Lieberman: Die steilste Karriere seit Joschka
TEL AVIV - Vom Rausschmeißer zum Staatsmann: Israels populistischer Politstar Avigdor Lieberman wird jetzt Außenminister und damit zweitwichtigster Mann nach Benjamin Netanjahu. Was haben wir von Avigdor Lieberman zu erwarten?
Vor fünf Wochen wählte Israel – und allmählich weiß die Welt auch wen: Neben dem kommenden Premier Benjamin Netanjahu ist nun mit dem schillernden Rechtspolitiker Avigdor Lieberman auch das zweitwichtigste Regierungsmitglied gesetzt. Vom Rausschmeisser in einem Nachtclub zum Außenminister: Liebermans Karriere dürfte die steilste seit Joschka Fischer sein. Die AZ zeigt, mit wem wir rechnen müssen:
Woher kommt Lieberman? Er wandert erst 1978 mit 20 Jahren aus dem damals noch sowjetischen Moldawien mit seinen Eltern nach Israel ein. Dort findet er den Weg in die Politik: zunächst in die Kach-Partei. Die allerdings ist auch für israelische Politikverhältnisse so weit rechtsstehend, dass sie später verboten wird. Arbeit findet er in Israel unter anderem als Rausschmeißer in einem Nachtclub.
Wie verläuft sein politischer Aufstieg? Die Kach-Partei ist nur ein Intermezzo, den größten Teil seines politischen Lebens verbringt er bei Netanjahus rechtsgerichtetem Likudblock. Der Einstieg dort ist typisch: Lieberman arbeitet als Saalordner. Schnell steigt er auf, wird Generalsekretär, Netanjahus Büroleiter und Minister unter Ariel Scharon. Dann steigt er aus und gründet 1999 seine eigene Partei: Israel Beitenu (Unser Haus Israel). Die ist zunächst nur Sammlungsbewegung für national eingestellte Sowjeteinwanderer. Doch Lieberman wird schnell als Koalitionspartner gebraucht und wieder Minister, bis er 2004 aussteigt: Er hatte Scharons Rückzug aus dem Gazastreifen kritisiert. Jetzt sitzt er wieder als Koalitionspartner in der Regierung, weitere Partner werden noch gesucht..
Was macht Lieberman so umstritten? Ganz klar: Sein Hang zur überdeutlichen Sprache, häufig verbunden mit extremen Positionen und immer antiarabisch. Mal fordert er, gefangene Palästinenser „zu ertränken“, mal ruft er während einer Parlamentsrede dazu auf, arabische Abgeordnete vor Gericht zu stellen „und hinzurichten“. Auch Ägyptens Präsidenten Husni Mubarak attackiert der designierte Außenminister öffentlich mit den Worten „Fahr zur Hölle“. Die bekannte israelische Zeitung „Haaretz“ sieht kein Problem darin, ihn einen Rassisten zu nennen.
Was will Lieberman? Im Wahlkampf in diesem Februar macht Lieberman wieder Schlagzeilen. Er fordert, arabische Bürger Israels aus dem Staatswesen auszugliedern, wenn sie keinen Treueeid auf den Staat ablegen.
Was ist von ihm als Außenminister zu erwarten? Wahrscheinlich viele skurrile Auftritte, andererseits aber wohl auch pragmatische Einsicht. Für letzteres könnte auch sorgen, dass Liebermans Partei zwar national, aber nicht religiös ist. Die EU reagiert dennoch skeptisch. Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana mahnt: „Wir können unsere Zusammenarbeit nur mit einer israelischen Regierung fortsetzen, die auf eine Zwei-Staaten-Lösung hinarbeitet.“
mue