Außer Rand und Band

Matthias Maus, Chefreporter der AZ, über Neo-Nazi-Mörder und Verfassungsschützer.
von  Matthias Maus

Es ist ruhiger geworden um den größten innenpolitischen Skandal des letzten Jahrzehnts. Das ist irgendwie verständlich, denn niemand wühlt gerne im unappetitlichen braunen Sumpf um die NSU-Morde. Und doch muss es sein, und es zeigt sich: Es tauchen immer neue Ungeheuerlichkeiten auf. Und es verstärkt sich der Eindruck: Der Verfassungsschutz war außer Rand und Band. Auch in Bayern.

Die Verfassungsschützer in Bayern führten in den neunziger Jahren einen bekannten Neo-Nazi als V-Mann. Vom Staat alimentiert half er, Neo-Nazi-Strukturen in Thüringen aufzubauen. Dabei traf er mehrmals die späteren Mörder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt.

Eine derart atemberaubende Konstellation sollte aufgefallen sein: vor allem dem Chef des Verfassungsschutzes; und erst recht, nachdem das Nazi-Mord Trio aufgeflogen war. Gerhard Forster allerdings, damals Chef der bayerischen Behörde, will von alledem nichts mitbekommen haben. Und leitende Mitarbeiter reden sich vor dem Untersuchungsausschuss tatsächlich mit Sprüchen raus: „Erstens darf ich nicht viel sagen und zweitens weiß ich nix.“ Das ist schlechte Realsatire.

Vor einer nötigen Reform, von einer nötigen Bewusstseinsänderung bei den Verfassungsschützern war viel die Rede. Davon sind wir offenbar meilenweit entfernt. Die Frage nach dem Sinn des Verfassungsschutzes in dieser Form stellt sich dringender denn je.

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