„Auf der Piste war der Ossi besser als ich!“

Sprachliche Unterschiede und unterschiedliche Skifahrqualitäten: "Wessi" Yvonne und "Ossi" Lutz trafen sich in einem Skiverleih in Oberstdorf und verliebten sich.

Ich glaube, mein Ossi ist ein Wessi“, sagt Yvonne Heckl (29) über ihren Liebsten. Na gut, da gibt es ein paar sprachliche Feinheiten: Lutz geht auf Arbeit, sie geht zum Arbeiten. Er trägt Puschen, sie Hausschuhe. Er isst „Böffis“, die bei ihr nur Fleischpflanzerl heißen. Und auch sein Abschiedsgruß „Tschüssi“ kommt ihr nicht oft über die Lippen – die Marketing-Assistentin bevorzugt „Ciao“. Aber das sind die einzigen Unterschiede, die das Paar darauf zurückführt, dass Lutz nahe Dresden aufwuchs – und Yvonne im Allgäu.

„Ich habe die prägenden Jahre im Westen verbracht“, erklärt der 37-jährige Bäckermeister. Er war 14, als seine Eltern mit ihm in den Westen gingen. Bereits zwei Jahre vor der Wende durften sie ausreisen. Nach zehn vergeblichen Anträgen. Neugier, Freiheitsdrang – die Thielemanns wollten weg aus der DDR. „Für mich war das eher ein Abenteuer“, sagt Lutz. Er war zu jung, um ganz zu verstehen, warum sie ein neues Leben wagten. Ungewöhnliches Detail: Im Westen angekommen, ließen die Eltern rasch ihre Kinder taufen – weil sie dachten, das müsste so sein.

Heute erinnert sich Lutz zwar gerne an seine Kindheit in der DDR, vor allem an die Großeltern. „Aber das Thema ist für mich nicht mehr so wichtig.“ So war er mit seiner Freundin noch nie in seiner alten Heimat. Seit 2001 sind die beiden ein Paar. Kennengelernt haben sie sich in einem Skiverleih in Oberstdorf. „Auf der Piste war der Ossi besser als ich. Peinlich!“, sagt Yvonne und lacht. Ossi oder Wessi – das ist für sie in Wahrheit kein Thema. War es nie. „Vielleicht haben wir da eine Toleranzschwelle überschritten, ohne es überhaupt zu merken.“