Athen: "In Merkels Hand"
Anja Timmermann, die AZ-Redakteurin schreibt über den Athen-Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Ist das nicht undankbar von den Griechen, dass sie jetzt gegen Merkel protestieren wollen, wo wir ihnen doch so viel Geld zahlen? Erstens: Wir schenken ihnen das Geld nicht, sondern wir verleihen es – gegen Zinsen, versteht sich. Es wäre erst weg, wenn wir Griechenland pleite gehen lassen (was Stammtischstrategen wie Söder und Dobrindt gerne vergessen zu erwähnen). Zweitens: Das Geld bekommen nicht die Griechen, sondern es geht direkt an die Gläubiger. Die Bürger spüren nur die drastischen, in der Tat vor allem von Berlin diktierten Sparkuren.
Natürlich ist solides Wirtschaften grundsätzlich richtig. Aber im Fall Griechenland stellt sich schon die Frage, ob die Art der Rosskur das Land nicht langsam, aber sicher erwürgt. Je stärker die Wirtschaft schrumpft, desto schwerer wird es für Athen, jemals die Schulden zurückzuzahlen. In dem Heer der Arbeitslosen wächst Verzweiflung, die irgendwann auch etwas Explosives hochspülen kann. Die Besonnenen wissen, dass das Land seine letzte Chance hat.
Aber was will Bundeskanzlerin Angela Merkel? Nach der einen Lesart hat sie das Land schon aufgegeben und will mit dem Besuch nur noch beweisen, dass sie’s ja versucht habe. Nach der anderen hat sie längst beschlossen, Griechenland zu retten, weil der Preis fürs Fallenlassen zu unabschätzbar ist – und will nur noch den Sparkurs hochtreiben. Die Griechen wissen, dass ihr Schicksal so oder so in der Hand der ostdeutschen Physikerin liegt.
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