Anwalt bezeichnet Mursis Sturz als "illegal"
Im Strafprozess gegen Ägyptens islamistischen Ex-Präsidenten Mohammed Mursi hat erstmals ein von dem Angeklagten beauftragter Rechtsanwalt das Wort ergriffen. "Mohammed Mursi ist weiterhin der legitime Präsident Ägyptens", erklärte der Rechtsgelehrte Selim al-Awa in der Verhandlung.
Kairo - Er sei weder aus eigenen Stücken vom höchsten Staatsamt zurückgetreten noch auf Grundlage der dafür vorgesehenen rechtlichen Prozeduren seines Amtes enthoben worden, argumentierte Al-Awa. Mursi, der vormalige Funktionär der Muslimbruderschaft, hatte 2012 die erste freie Präsidentenwahl gewonnen.
Das Militär hatte im vergangenen Juli Mursi nach Massenprotesten gegen dessen Herrschaft entmachtet und inhaftiert. Die Justiz hat seitdem mehrere Prozesse gegen ihn angestrengt oder bereitet solche vor. Am Samstag wurde in Kairo der im vergangenen November begonnene erste Strafprozess gegen Mursi fortgesetzt. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm und 14 weiteren Angeklagten aus der Muslimbruderschaft vor, zum Mord an gegnerischen Demonstranten bei Unruhen vor dem Präsidentenpalast während Mursis Amtszeit angestiftet zu haben.
Die Angeklagten drehten der Richtertribüne den Rücken zu, um auszudrücken, dass sie die Autorität der Richter nicht anerkennen, berichteten ägyptische Medien aus dem Gerichtssaal in Kairo. Mursi hatte den renommierten Rechtsgelehrten Al-Awa lediglich damit beauftragt, die Erklärung über die aus seiner Sicht illegalen Umstände seiner Entmachtung abzugeben. "Damit ist meine Rolle in diesem Verfahren auch beendet", schloss Al-Awa seine Ausführungen.
Das Gericht widmete sich daraufhin der Beweisaufnahme und vertagte sich schließlich auf den kommenden Dienstag (4. Februar). Mursi steht derzeit auch wegen eines Gefängnisausbruchs während der Revolte gegen den damaligen Präsidenten Husni Mubarak im Jahr 2011 vor Gericht. Darüber hinaus bereitet die Justiz weitere Verfahren gegen ihn wegen Spionage und Terrorismus sowie wegen Beleidigung der Justiz vor. Im schlimmsten Fall droht ihm die Todesstrafe. Experten halten den Großteil der Vorwürfe für politisch motiviert.
Unabhängig vom Strafverfahren gegen Mursi bestätigte ein Berufungsgericht in Kairo am Samstag die Auflösung der Muslimbruderschaft als eingetragener Verein. Damit bekräftigte es ein erstinstanzliches Urteil vom September 2013. Die Schließung von rund 1000 wohltätigen Stiftungen der Bruderschaft und der Einzug ihres Vermögens werden damit gleichfalls rechtskräftig.
Ein Verfahren im Zusammenhang mit dem Verbot der Wahlpartei der Bruderschaft, der Partei für Freiheit und Gerechtigkeit (FJP), ist noch anhängig. Die Regierung hatte im vergangenen Dezember die Muslimbruderschaft unabhängig davon als terroristische Vereinigung eingestuft. Juristen sind sich über die rechtlichen Auswirkungen dieser Entscheidung nicht einig. Polizei, Innenministerium und Strafbehörden gehen aber im Lichte dieses Regierungsentscheids mit aller Härte gegen Demonstrationen von Anhängern der Bruderschaft vor.
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