Alles nur ein Märchen
Es war einmal ein junger Märchenprinz, der das Volk mit Tugenden lockte, die bei den anderen längst verloren gegangen waren: Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit, Gradlinigkeit und Entschlossenheit. Alle glaubten, dass er niemanden übers Ohr hauen könnte und schon gar nicht schummeln würde. Das Volk lag ihm zu Füßen, mochte ihn lieber als die alte Königin, und hoffte, dass er bald auf ihrem Thron sitzen würde.
Damit alles gut wird, in diesem Lande. Doch dann kam eine Maschine. Die nannte sich Google und konnte Menschen auf ihre Ehrlichkeit überprüfen. Sie fand heraus, dass der Märchenprinz anderen einfach ihre Gedanken geraubt hatte. Dass auch er aus Fleisch und Blut ist, schummelt und abschreibt – und alles nur ein Märchen war.
Noch hätte er sich retten und reinen Tisch machen können. Aber dann entschuldigte er sich nur ein bisschen beim Volk und redete sich heraus. So wie all die vor ihm, die ihr Ehrenwort gaben oder brutalstmögliche Aufklärung versprachen. Von denen alle die Nase voll hatten, weil man ihnen nicht vertrauen konnte.
Er hatte gehofft, durchzukommen. Doch damit hatte er den Menschen nicht nur die Gedanken geraubt, sondern dem Volk die Illusion. Seine Magie ist dahin.
Angela Böhm ist Landtagskorrespondentin der AZ.
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