Aigner erteilt Absage für Lebensmittelpolizei

Europäische Lebensmittelpolizei ja oder nein? Der neue Pferdefleischskandal hat die Politik voll erreicht. SPD-Chef Gabriel fordert eine „
von  dpa

Europäische Lebensmittelpolizei ja oder nein? Der neue Pferdefleischskandal hat die Politik voll erreicht. SPD-Chef Gabriel fordert eine „Eurofood“-Behörde, Verbraucherschutzministerin Aigner erteilt dem eine klare Absage.

Berchtesgaden – Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) hat der Forderung von SPD-Chef Sigmar Gabriel nach einer europäischen Lebensmittelpolizei eine klare Absage erteilt. „Der reflexartige Ruf nach immer neuen Behörden hilft uns nicht weiter“, sagte Aigner am Freitag bei der Agrarministerkonferenz des Bundes und der Länder.

Der neue Fleischskandal war bei dem Treffen in Berchtesgaden ein vieldiskutiertes Thema. Dabei handelt es sich nach Aigners Überzeugung um Betrug: „Hier sind Kriminalisten gefragt und nicht Lebensmittelkontrolleure.“

Von dem Skandal seien in Deutschland mehr als 120 Betriebe in fast allen Bundesländern betroffen. Und Aigner schloss nicht aus, dass es noch mehr werden. Ein niederländischer Großhändler soll schon seit mehr als zwei Jahren Pferdefleisch falsch etikettiert und europaweit verkauft haben – auch nach Deutschland.

Für die SPD-geführten Bundesländer wies der Agrarminister von Mecklenburg-Vorpommern, Till Backhaus, die Verantwortung für das Lebensmittelrecht von sich. „Wenn wir eine klare Deklarationspflicht hätten, wäre das Problem nicht entstanden“, sagte Backhaus. Er forderte Aigner auf, die Änderung des Lebensmittelgesetzes noch vor der Sommerpause anzupacken.

Bayerns Agrarminister Helmut Brunner (CSU) sieht Gabriels Forderung ebenfalls skeptisch. „Zunächst gilt es, die vorhandenen Kontrollsysteme zu optimieren und zu verstärken, und zu versuchen, irgendwelche Lücken auszumerzen“, sagte Brunner dem Bayerischen Rundfunk.

Gabriel hatte in der „Bild“-Zeitung (Freitag) angekündigt, eine SPD-geführte Bundesregierung werde darauf drängen, eine Lebensmittelpolizei nach dem Vorbild von Europol einzurichten, die internationalen Nahrungsmittelskandalen auf den Grund gehen könnte. Mit einer solchen „Eurofood“-Behörde könne die Zersplitterung und das Kompetenzwirrwarr im Bereich der Lebensmittelkontrolle beendet werden, sagte Gabriel.

Die bayerische Landtags-SPD forderte von Bundesregierung und Staatsregierung „umgehende und vollumfängliche Aufklärung“. Bis jetzt habe die Staatsregierung die Öffentlichkeit etwa nicht informiert, welche Warenmenge in den Freistaat gelangte und ob Arzneimittelrückstände im Fleisch waren, kritisierte Fraktionschef Markus Rinderspacher.

Der vor Monaten aufgedeckte, europaweite Betrug mit falsch deklariertem Pferdefleisch ist nach neuen Erkenntnissen größer als bislang bekannt. In 16 EU-Ländern sollen 500 Betriebe betroffen sein. Den niederländischen Behörden zufolge geht es um 50 000 Tonnen Fleisch. Das heiße aber nicht, dass die gesamte Menge mit Pferdefleisch vermischt oder anderweitig falsch deklariert wurde. Das meiste davon dürfte im Übrigen schon verzehrt sein.

 

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