Afrikaner erheben bittere Vorwürfe gegen G8

Viele Afrikaner, die für große Hilfsorganisationen arbeiten, fühlen sich betrogen. Manche zweifeln sogar, dass die mangelnde Hilfsbereitschaft der reichen Industrienationen nur am Geld liege.
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Viele Afrikaner, die für große Hilfsorganisationen arbeiten, fühlen sich betrogen. Manche zweifeln sogar, dass die mangelnde Hilfsbereitschaft der reichen Industrienationen nur am Geld liege.

Immer wieder fallen Wörter wie «Betrug» oder «Wortbruch». Viele Afrikaner, die für große Hilfsorganisationen arbeiten, sind bitter enttäuscht. Die reichen Industrienationen (G8) ließen den afrikanischen Kontinent im Stich. Es kümmere sie nicht, dass die Afrikaner an Hunger und heilbaren Krankheiten sterben. «Es mag mit der Farbe unserer Haut zusammenhängen», äußert Kumi Naidoo aus Südafrika, der Mitbegründer der weltweiten Organisation Global Call to Action Against Poverty (GCAP), auf dem Gipfel im japanischen Toyako.

Auch seine Kollegin aus Malawi, Caroline Towers Kayira von Actionaid, glaubt nicht, dass die mangelnde Hilfsbereitschaft am Geld liege, «sondern mit etwas anderem zu tun hat». Zweimal sagt sie das so, ohne konkreter zu werden. Bei der Rettung der Banken nach der Hypothekenkrise in den USA oder für den Irakkrieg seien schließlich auch hunderte Milliarden US-Dollar aufgebracht worden, erwähnen die Hilfsorganisationen immer wieder. Das Wort Rassismus geht GCAP-Sprecher Naidoo auf Nachfrage nicht über die Lippen, aber für ihn steht fest: Wenn so viele Menschen in Europa oder Nordamerika an vermeidbaren Ursachen wie Malaria oder Hunger ums Leben kämen wie in Afrika, würde es eine Mobilisierung aller Kräfte geben - aber eben nicht für die Schwarzen in Afrika. Dabei trügen die früheren Kolonialmächte, besonders Großbritannien, eine historische Verantwortung. Gerade die Briten hätten «eine Verpflichtung», ihre Entwicklungszusammenarbeit massiv zu erhöhen.

Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel

Dass die G8-Staaten ihre Versprechen von 2005 im schottischen Gleneagles nur «quälend langsam» und unzureichend erfüllen, empört alle Hilfsorganisationen und stellt die Glaubwürdigkeit der G8 aufs Spiel. Damals war bis 2010 eine Erhöhung um 25 Milliarden US-Dollar im Jahr allein für Afrika versprochen worden. Bis heute stieg die Hilfe aber nur um drei Milliarden. «Es ist nicht nur ein Betrug der afrikanischen Staaten, sondern auch ein Betrug der Demokratie und der Menschen, die in den G8-Staaten mit großer Mehrheit die Hilfe unterstützen», sagt Naidoo unter Hinweis auf die großen Kampagnen, die Konzerte gegen Armut und die Mobilisierung der Volksmassen auf den früheren Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der acht reichen Industrienationen wie etwa in Gleneagles und Heiligendamm.

Die Führer der sieben afrikanischen Staaten brachten die nötige Erfüllung der Versprechen am Montag bei ihren Gesprächen mit den Staats- und Regierungschefs vor. Die G8-Staaten wollen mit dem Treffen ein politisches Zeichen setzen. Doch sprechen einige Aktivisten in Anspielung auf den englischen Begriff «Outreach» - die Hand reichen - für die Sitzung von «Outcast», übersetzt: Aussätzige. Solche Aussagen demonstrieren eine heikle Mischung von Verbitterung und Enttäuschung, gerade jetzt, wo die Weltnahrungskrise den Hunger und die Armut noch verschärft. GCAP-Sprecher Naidoo wünschte sich, dass die afrikanischen Führer die G8-Staaten «an den historischen Kontext» der Probleme in Afrika erinnerten und auf den Gipfeln mehr mit Nachdruck aufträten - «weniger mit einer Bettlermentalität».

Lebensbedrohlich

In Weltbank-Präsident Robert Zoellick und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon finden die Afrikaner zwei gewichtige Fürsprecher. «Dieser G8-Gipfel muss denen Hoffnung bringen, die keine Hoffnung haben, und denen Nahrung, die keine Nahrung haben», sagt Zoellick. Um die ärgste Not durch die Nahrungskrise zu lindern, seien zehn Milliarden Dollar (6,3 Milliarden Euro) nötig. «Wenn die Nudeln in Europa mehr kosten, ist das ärgerlich, aber wenn die Nahrung für jemanden, der von einem Dollar am Tag lebt, um 54 Prozent teurer wird, ist das lebensbedrohlich», verdeutlicht Oliver Buston von der ONE-Kampagne die Gefahr. «Es sind die Armen, die am meisten leiden.» (dpa)

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