Ackermann: Kein Konflikt zwischen Profit und Moral
TUTZING - Bei der Tagung des Politischen Clubs in Tutzing singt Josef Ackermann das Hohelied auf den Gewinn. Was soll ein Millionen-Banker auch anderes tun? Doch niemand widerspricht ihm.
„Eigentlich hab ich gedacht, sie würden ihm hier noch Spalier stehen“, sagt der Mann in der hintersten Reihe. Über 250 Gäste der Tagung des Politischen Clubs in der Evangelischen Akademie Tutzing warten gespannt auf den Auftritt von Deutschlands bekanntestem Banker.
Josef Ackermann, seit 2002 Chef der Deutschen Bank, soll über „Profit und Moral - ein Zielkonflikt“ reden. Der Schweizer Dialekt des gebürtigen Sankt Galleners verleiht seiner Stimme Charme. Ackermann gelingt das Kunststück, gleichzeitig zu sprechen und zu lächeln. Seine Zähne blitzen weiß. Er redet frei, den vorformulierten Redetext wirft er über den Haufen.
Profit als Allheilmittel
Profit sei gut, sagt Ackermann – für die Kunden, die Aktionäre, die Mitarbeiter, den Staat, die Gesellschaft, die Schwellenländer. Profit als Allheilmittel. Seine frühere Forderung nach 25 Prozent Eigenkapitalrendite kommentiert er so: „Wenn wir uns dieses Ziel nicht vorgenommen hätten, gäbe es die Deutsche Bank in dieser Form nicht mehr.“ Ohne Gewinn könnten Banken keine Arbeitsplätze erhalten und Steuern zahlen.
Die Regierung darf Ackermanns Meinung nach die Banken ruhig retten. Zu viel einmischen dürfe sich der Staat aber auch nicht: „Es ist wichtig, dass der Staat die Grenzen erkennt.“ In der Diskussion fragt ein Teilnehmer, warum Ackermann in seiner Rede nicht darüber gesprochen habe, dass 2008 Investmentbanker mehrere Milliarden Euro versenkten. Ackermann erwidert Wolkiges, eine klare Antwort bleibt er schuldig.
"Wir dulden keine Korruption"
Die Art der Gewinnerzielung ist für den 61-Jährigen eine Frage der Moral. Doch da gebe es bei der Deutschen Bank null Toleranz: „Wir dulden keine Korruption.“ Damit ist die Moral abgehandelt. Und darin liegt vielleicht das Problem: Wer grundsätzlich nichts dabei findet, Boni in Millionenhöhe zu zahlen, wird zwischen Profit und Moral keinen Zielkonflikt erkennen können. Die Zuhörer sind zufrieden mit Ackermann, keiner widerspricht. „Wenn alle Unternehmen einen wie ihn an der Spitze hätten, dann stünde es um Deutschland nicht schlecht“, sagt ein Teilnehmer. Er habe großes Vertrauen in den Schweizer.
Im Gottesdienst vor dem Vortrag las der Pfarrer aus dem Matthäus-Evangelium. Dort fragt ein Mann Jesus, was er für das ewige Leben tun muss. Jesus rät ihm, all seinen Besitz zu verkaufen. Auch Ackermann betont in seiner Rede wieder, dass er 2008 auf die ihm vertraglich zustehenden Boni von fünf Millionen Euro verzichtet hat. Ob das für das ewige Leben reicht? Ackermanns Zeit als Vorstand der Deutschen Bank läuft im Mai 2010 ab.
Elena Panagiotidis
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