Kommentar

Ab in die Mottenkiste! Warum der Krankheitskosten-Vorschlag nicht zeitgemäß ist

Das Institut der deutschen Wirtschaft will an die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ran und bei den Milliarden-Kosten sparen, indem etwa Karenztage eingeführt werden, an denen kein Geld für kranke Arbeitnehmer fließt. Das ist schäbig, findet Politik-Vize Martina Scheffler.
Martina Scheffler
|
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Wer krank ist und nicht arbeiten kann, soll nach den Vorstellungen des Instituts der deutschen Wirtschaft nicht sofort weiter Lohn gezahlt bekommen.
Wer krank ist und nicht arbeiten kann, soll nach den Vorstellungen des Instituts der deutschen Wirtschaft nicht sofort weiter Lohn gezahlt bekommen. © Christin Klose/dpa-tmn
Carbonatix Pre-Player Loader

Audio von Carbonatix

Wenn zum x-ten Mal eine Reichensteuer, eine Erhöhung von Beitragsbemessungsgrenzen oder eine Erbschaftssteuer, die den Namen verdient hat, abgelehnt worden ist, mei, dann müssen halt die Kranken bluten. Wenn es nicht so ernst wäre, könnte man vielleicht noch lachen über den Vorschlag des – hier gehört der Zusatz zwingend dazu – arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft.

Immerhin soll der Posten nicht aufs Minimum geschrumpft werden – dann käme man in der Tat in die Situation vor Bismarck, der die Lohnfortzahlung in den 1880er Jahren vor den Reichstag einbrachte, und welche Bundesregierung wollte von sich behaupten, mit einem eisenhaltigeren Besen zu kehren als der Eiserne Kanzler?

Porträt von Otto von Bismarck (1815-1898).
Porträt von Otto von Bismarck (1815-1898). © IMAGO/© Stefano Bianchetti

Das IW liefert die weiteren Argumente gegen den eigenen Vorschlag gleich mit. Es sind positive Entwicklungen, die ihren Teil zum Ansteigen der Kosten beitragen: mehr Arbeitnehmer, höhere Löhne. Es gehört daher einiges an Kaltschnäuzigkeit dazu, angesichts der gestiegenen Kosten zu konstatieren, es sei „dringend notwendig, diese Kosten zu reduzieren“.

Wer gar längere Zeit im Krankenhaus verbringen muss, könnte ebenfalls auf der Lohnstreichliste landen, wenn sich die Vorschläge der Forscher durchsetzen.
Wer gar längere Zeit im Krankenhaus verbringen muss, könnte ebenfalls auf der Lohnstreichliste landen, wenn sich die Vorschläge der Forscher durchsetzen. © IMAGO/Robijn Page

Wir stellen also fest: Es gibt immer mehr Langzeit-Kranke im Land. Was tut man nun in einer Demokratie, in der die Menschenwürde etwas gilt? Schaut man, um welche Krankheiten es sich handelt und ob mehr Prävention hier etwas leisten könnte? Schaut man, ob Therapien zielgerichtet sind? Setzt man auf die Forschung? Und nimmt man letztlich hin, dass dieser Staat sich um jene Menschen kümmern muss, die sich selbst nicht helfen können und unverschuldet in Not sind?

Dort gehört dieser Vorschlag hin

Wer schon Probleme damit hat, jenen das Bürgergeld zu verweigern oder zumindest drastisch zu kürzen, die partout nicht arbeiten wollen, obwohl sie es könnten, der muss diesen Vorschlag dort ablegen, wo er hingehört: in der Mottenkiste.

  • Themen:
Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.