826.000 "Aufstocker" in Deutschland: Staat zahlt sieben Milliarden Euro

Wer zu wenig verdient, kann zusätzlich Bürgergeld bekommen. Erstmals seit Jahren steigt die Zahl der Betroffenen, wie aus einer Antwort der Bundesregierung hervorgeht. Politisch ist das brisant.
AZ/ dpa |
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Die Zahl der sogenannten Aufstocker ist erstmals seit 2015 wieder gestiegen. (Illustration)
Die Zahl der sogenannten Aufstocker ist erstmals seit 2015 wieder gestiegen. (Illustration) © Jens Kalaene/dpa
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Der Staat hat nach Regierungsangaben im vergangenen Jahr rund 826.000 Erwerbstätigen zusätzlich Bürgergeld gezahlt, weil ihr Einkommen nicht zum Leben reichte. Die Kosten lagen bei rund sieben Milliarden Euro. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des Linken-Abgeordneten Cem Ince hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Demnach ist die Zahl der sogenannten Aufstocker erstmals seit 2015 wieder gestiegen. 

Damals wurde in Deutschland der gesetzliche Mindestlohn eingeführt, zunächst mit 8,50 Euro die Stunde. Danach sank die Zahl der Aufstocker von gut 1,2 Millionen kontinuierlich auf rund 796.000 Menschen im Jahr 2023. Für 2024 weist die Statistik nun erstmals wieder nach oben. 

Der Mindestlohn liegt inzwischen bei 12,82 Euro. Derzeit berät die Mindestlohnkommission über mögliche Erhöhungen. Bundeskanzler Friedrich Merz hat eine Anhebung auf 15 Euro im Jahr 2026 als erreichbar und wünschbar bezeichnet. Die Arbeitgeber halten das für viel zu viel.

"Trotz Arbeit auf staatliche Hilfe angewiesen"

Der Linken-Abgeordnete Ince sieht die Zahlen zu Aufstockern als Argument für eine deutliche Erhöhung. "Es kann nicht sein, dass Hunderttausende trotz Arbeit auf staatliche Hilfe angewiesen sind", sagte er der dpa. "Wir unterstützen damit niedrige Löhne und halten die Ausbeutung der Arbeitskraft aufrecht, anstatt in Pflege- und Kitaplätze zu investieren, die vielen Menschen den Weg aus der Teilzeitfalle ermöglichen würden." 

Die staatlichen Ausgaben für das ergänzende Bürgergeld wuchsen nach Angaben des Sozialministeriums von 6,19 Milliarden Euro 2023 auf 6,99 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Sogenannte Bedarfsgemeinschaften mit mindestens einem Aufstocker – also etwa Familien oder Paare – wurden 2024 mit insgesamt 11,61 Milliarden Euro vom Staat unterstützt, wie aus den Daten weiter hervorgeht.

Aufstocker sehr oft Minijobber

Aufstocker sind sehr oft Minijobber, wie die Bertelsmann Stiftung vor einigen Jahren in einer Studie schrieb. Knapp die Hälfte der erwerbstätigen Personen, die zusätzlich Bürgergeld bekommen, seien geringfügig beschäftigt. Rund zwei Drittel der Aufstocker haben einen weit unterdurchschnittlichen Lohn.

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  • Der wahre tscharlie am 23.06.2025 16:10 Uhr / Bewertung:

    Der Mindestlohn ist mehr als überfällig.
    Ich hatte in meinem Leben ab und zu Bewerbungsgespräche mit Lohnangeboten, die zu niedrig waren. Auf meinen Einwand, dass München teuer waäre und ich schlecht davon leben könne, sagte man mir unverblümt, dann hol dir den Rest doch vom Sozialamt.
    Natürlich ist es so, dass die meisten Unternehmer vernünftige Löhne zahlen.

    Es macht doch überhaupt keinen Sinn, "für ein Butterbrot und ein Ei zu arbeiten", wenn man zusätzlich Aufstocker ist.

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