Wer kann die schwarze Pest noch stoppen?
Nach dem Untergang der Plattform strömen Tag für Tag 140 Tonnen Rohöl in den Golf von Mexiko. Katastrophenstimmung an der US-Küste. Warum die Öl-Flut kaum zu stoppen ist
NEW ORLEANS Es ist ein gnadenloser Wettlauf gegen die Zeit: Täglich sprudeln rund 140 Tonnen Rohöl ungehindert in die blauen Fluten des Golfes von Mexiko. Dort war vor einer Woche die explodierte Ölplattform „Deepwater Horizon“ gesunken. Bisher sind alle Versuche gescheitert, die schwarze Flut, die in einer Tiefe von 1500 Meter aus dem Bohrloch strömt, zu stoppen. Der Ölteppich ist bereits 120 Kilometer lang und an manchen Stellen 70 Kilometer breit. Aber das Schlimmste ist: Er nähert sich unaufhaltsam der Küste, war gestern nur noch 30 Kilometer vom Bundesstaat Louisiana entfernt. Die AZ beantwortet die wichtigsten Fragen.
Was ist von der Ölpest bedroht? Vor allem das Mississippi-Delta. Es ist mit 28600 Quadratkilometern eines der größten Flussdeltas der Erde. In den kaum zugänglichen Sümpfen zwischen den fünf Hauptarmen des Stromes befinden sich die Laichgebiete und Brutstätten zahlreicher Fisch- und Vogelarten. Auch eine Vielzahl seltener Pflanzenarten hat sich in den Feuchtgebieten angesiedelt.
Damit wird auch die Existenzgrundlage von tausenden von Menschen zerstört. Die Fischer leben von der Austernzucht und von Shrimps-Fang – und auch die Einnahmequelle Tourismus könnte unter der Ölpest leiden.
Die deutsche Biologin Maggy Nugues vom Bremer Leibniz-Zentrum für Marine Tropen-Ökologie befürchtet zudem, dass die zähe Ölmasse das Korallenriff der Florida Keys zerstören könnte – auch die Heimat von zahlreichen Krebs-, Fisch- und Vogelarten.
Aus diesen Gründen versuchen Experten, das Bohrloch zu schließen, bisher vergeblich. Prinzipiell gibt es vier verschiedene Möglichkeiten:
Den Einsatz eines Tauchroboters Der hat seit Dienstag, als er begonnen wurde, noch nicht zum gewünschten Erfolg geführt. Greenpeace-Experte Christian Bussau erklärt, warum diese Arbeit in 1500 Meter Tiefe so schwierig ist: „Es gibt nur ein sehr kleines Sichtfeld, die Lichtverhältnisse sind schlecht, vielleicht gibt es wegen des austretenden Öles gar keine Sicht. Außerdem ist es schwierig, bei den herrschenden Strömungen und Wasserverhältnissen die Position des Roboters zu halten. Das ist Millimeterarbeit.“
Verbrennen des Öls Um das Ausmaß der Katastrophe eindämmen zu können, erwägen die Fachleute jetzt, das Öl in Brand zu stecken. Allerdings kommt es bei der Verbrennung – wenn sie bei einem Ölteppich mit diesem Ausmaß überhaupt möglich ist – zu erheblicher Luftverschmutzung, und die Auswirkungen auf die Meeresfauna sind völlig ungeklärt.
Eine Neben- oder Entlastungsbohrung Wie das gehen könnte, erklärt Catalin Teodoriu, Tiefbohrtechnik-Experte an der TU Clausthal: „Bei ihr könnte man zum Beispiel mit Hilfe von Schlamm, Zement oder einer zähen Spezialflüssigkeit die leckende Leitung verstopfen. Das kann aber Monate dauern.“
Den Bau einer Kuppel BP-Techniker prüfen, ob man eine Glocke über das Bohrloch stülpen könnte, um das austretende Öl auffangen und kontrolliert nach oben leiten zu können. Ist aber noch nie erprobt worden – und sehr riskant.
mh
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