Von Milch verseucht

PEKING - Der chinesische Lebensmittelhersteller Sanlu mischt die gefährliche Chemikalie Melamin in ein Produkt für Säuglinge: Zwei kleine Kinder sterben, über tausend sind krank. Sanlu hatte schon länger von der Panscherei gewusst.
Die Leidenden selbst sind ahnungslos. Wie könnten sie wissen, dass sie Opfer des jüngsten Lebensmittelskandals in China wurden – sie sind schließlich noch im Säuglingsalter.
Über 1000 Babies sind an Nierensteinen erkrankt, nachdem sie mit verseuchtem Milchpulver gefüttert wurden. Zwei von ihnen starben.
Der Hersteller Sanlu belieferte mit seinem billigen Pulver ein Fünftel des chinesischen Marktes. Die Milch wurde wahrscheinlich in Sammelstationen mit der gesundheitsschädlichen Chemikalie Melamin gepanscht, um den Proteingehalt zu erhöhen. Ein Betreiber hat schon gestanden, die Milch seit Ende letzten Jahres mit Melamin versetzt zu haben.
Wochenlang wurde der Skandal vertuscht, obwohl der Hersteller mindestens seit dem zweiten August von der gepanschten Säuglingsnahrung wusste. Der neuseeländische Fonterra-Konzern, der zu 43 Prozent an Sanlu beteiligt ist, hatte von der verseuchten Milch erfahren und drängte seinen chinesischen Partner seitdem, das Mittel vom Markt zu nehmen.
Die neuseeländische Ministerpräsidentin informierte die Regierung in Peking
Fonterra-Chef Andrew Ferrier sprach von einem „wahrlich tragischen Vorkommnis“, über das noch „eine enorme Menge Unklarheit herrsche“.
Unklar auch, warum der Konzern nicht sofort selbst an die Öffentlichkeit ging. Erst als die neuseeländische Ministerpräsidentin Helen Clark von den Problemen erfuhr, kam der Rückruf der gefährlichen Milch ins Rollen: Umgehend informierte sie die Regierung in Peking. Sanlu musste die Produktion einstellen, die Untersuchungen begannen.
1253 Kinder leiden jetzt an den Folgen der Vertuschungsaktion. 53 Säuglinge schweben in einem kritischen Zustand. 340 kleine Kinder liegen im Krankenhaus, die restlichen 913 werden zu Hause behandelt oder sind schon wieder gesund.
Chinesische Medien hatten schon länger in dem Fall ermittelt. Während der Olympischen Spiele und der Paralympics durften sie aber nicht über Lebensmittelskandale berichten.
Laura Kaufmann