Virologe im Interview: "40.000 Tote durch H1N1"
Der Virologe Alexander von Kekulé (51) erklärt, warum Deutschland schlecht gegen das Virus gerüstet Er ist Professor für Medizinische Mikrobiologie und Virologie an der Universität Halle.
AZ: Herr Kekulé, wie viele Menschen werden an der Schweinegrippe sterben?
ALEXANDER KEKULÉ: Für Deutschland gibt es keine seriösen Zahlen, aber für Europa insgesamt erwartet Brüssel 40.000 Tote.
Allein in Deutschland sterben doch an der normalen saisonalen Grippe schon um die 10.000 Menschen jedes Jahr...
....das ist aber sehr großzügig gerechnet. Ich gehe von in Wahrheit zwischen 3000 und 5000 Toten aus. Die Zahl der Schweinegrippetoten wird nicht weit darunter liegen.
Was wird sie so stark in die Höhe treiben?
Anders als die normale Grippe kann die Schweinegrippe bei Vorerkrankungen direkt zu einer Lungenentzündung führen, das betrifft auch viele junge Menschen mit chronischen Krankheiten. Die Winterkälte bringt alle übrigen Komplikationen mit sich.
Wieso klappt die Verteilung des Impfstoffs so schlecht?
Der Stoff wird nur in Zehnerpackungen ausgegeben, weil man möglichst viele Menschen impfen wollte. Jetzt ist das Gegenteil der Fall: Viele Ärzte wollen den Impfstoff nicht, weil sie fürchten, Dosen wegwerfen zu müssen.
Viele trauen dem Impfstoff nicht...
In der Tat hat Deutschland einen anderen Impfstoff gekauft als zum Beispiel die USA, wo ein Impfstoff ohne Wirkverstärker verwendet wird. Der Impfstoff, der hierzulande im Einsatz ist, sollte zum Beispiel kleinen Kindern nicht gespritzt werden.
Aber für Erwachsene ist er unbedenklich?
Diesen Stoff würde ich nur für Risikogruppen wie medizinisches Fachpersonal und chronisch Kranke empfehlen.
Gibt es bald einen besseren Impfstoff?
Angesichts der großen Nachfrage liegt die Motivation der Hersteller, einen neuen Stoff herzustellen, bei Null.
Interview: Raphael Geiger
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