Vier Anklagen nach Missbrauchsfällen auf Ameland
Osnabrück - Wegen der Missbrauchsfälle unter Jugendlichen auf der niederländischen Ferieninsel Ameland hat die Staatsanwaltschaft Osnabrück vier Jungen im Alter von 15 und 16 Jahren angeklagt. Ihnen wird sexuelle Nötigung und schwere Körperverletzung ihrer jüngeren Kameraden vorgeworfen.
Acht Jugendliche im Alter von 13 und 14 Jahren gelten als Opfer, sagte Oberstaatsanwalt Alexander Retemeyer am Freitag. Drei Jungen, die laut Gericht erst Opfer waren, seien im Verlauf der zweiwöchigen Freizeit später auch zu Tätern geworden. Auch gegen neun Betreuer der Jugendfreizeit werde ermittelt, die Verfahren seien aber noch nicht abgeschlossen, sagte Retemeyer.
Das Verfahren gegen sechs Jugendliche wurde gegen Auflagen und Ermahnungen eingestellt. Sieben weitere Verfahren seien ganz eingestellt worden, weil den Angeschuldigten nichts nachgewiesen werden konnte.
Die Taten ereigneten sich Ende Juni bis Anfang Juli 2010 bei einer Jugendfreizeit des Stadtsportbundes Osnabrück im Schlafsaal einer Ferienunterkunft. Unter Indianergesängen hätten die mutmaßlichen Täter sich ihre jüngeren Opfer gegriffen, ihnen Hose und Unterhose heruntergezogen, den Po mit Cremes eingeschmiert und Besenstiele oder Flaschenhälse in die Pobacken geklemmt.
„Es wurde aber nichts eingeführt“, betonte Retemeyer. Das sei wichtig für die strafrechtliche Bewertung, denn damit handele es sich nicht um eine Vergewaltigung. Bei den Taten hätten die Jugendlichen das Lied „Wir sind die Analindianer von der Fistprärie“ gesungen. „Fisten“ ist ein Ausdruck aus der Sado-Maso-Szene. Die Bedeutung des Begriffs sei den Jungen aber wohl nicht klar gewesen, sagte Retemeyer.
„Sie sind zerknirscht und erschrocken.“ Das Ausmaß ihrer Taten hätten sie nicht erkannt. Den Opfern sei seitens der Polizei professionelle Hilfe angeboten worden. Seines Wissens nach sei sie aber von niemandem in Anspruch genommen worden, sagte Retemeyer. Bei der strafrechtlichen Aufarbeitung stehe der Erziehungsgedanke im Vordergrund, betonte der Oberstaatsanwalt. Es gebe nach den Ermittlungen keine Hinweise darauf, dass die mutmaßlichen Täter „schädliche Neigungen“ hätten: „Es sind ganz normale Jugendliche.“ Auch die Familien seien nicht auffällig. Zusammen mit der Jugendgerichtshilfe des städtischen Jugendamtes würden die Jungen betreut. Sie müssten beispielsweise ein Antiaggressionstraining machen. „Das ist kein Kuschelkurs“, betonte Retemeyer. Solche Trainings brächten die Jugendlichen an die Grenzen ihrer psychischen Belastbarkeit.