Urne, Dildo, Schwert: Relikte zerstörter Romanzen

Was bleibt, wenn die Liebe geht? Dinge, die einen ständig an die kaputte Beziehung und den Ex-Partner erinnern. Genau solche Gegenstände haben zwei Künstler gesammelt.
von  Jonas-Erik Schmidt
Ein japanisches Schwert, das dem Partner geschenkt wurde, jedoch eigentlich in Japan ein Symbol für Selbsttötung ist.
Ein japanisches Schwert, das dem Partner geschenkt wurde, jedoch eigentlich in Japan ein Symbol für Selbsttötung ist. © dpa

Nein, die Flusen haben es nicht in das Museum geschafft. Am Ende wollte die Frau, die die Wollfusseln beständig aus dem Bauchnabel ihres Ex-Freundes gefischt hatte, sie dann doch nicht Kai Kullen überlassen. Der Kurator des "Museums of Broken Relationships" (Museum zerbrochener Beziehungen) in Köln trägt es mit Fassung, auch wenn ihm da wohl ein Highlight durch die Lappen gegangen ist. "Sie hatte sie schön in einem Gläschen. Wie eine Reliquie", erzählt Kullen.

Andere haben keinen Rückzieher gemacht. Das Museum – eigentlich ist es eine Wanderausstellung – sammelt Alltagsgegenstände, die von zerbrochenen Beziehungen erzählen. Initiatoren sind die Künstler Olinka Vistica und Drazen Grubisic aus Zagreb.

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Ein Marmeladenglas steht da, voll Asche, die mal ein Brautkleid war

Mittlerweile haben die beiden schon Tausende dieser Gegenstände gesammelt. In Köln gastiert die Ausstellung noch bis zum 15. Mai.

Die Sammlung besteht aus Spenden. Ihre Besitzer bleiben anonym. Mit jedem Stück wurden nur ein paar erklärende Sätze eingereicht. Manche Ausstellungsstücke sprechen sehr für sich, etwa das Brautkleid, das verbrannt und in ein Marmeladenglas gefüllt wurde.

Oder die Überbleibsel in der "Fetisch-Ecke", wie sie Kurator Kullen nennt. Da liegt ein Dildo, verschenkt, weil man sich doch geschworen hatte, keinen Sex vor der Ehe zu haben. Kam wohl nicht so gut an.

Auch Strapse liegen dort. Die Geschichte dazu ist kurz, aber aufschlussreich. Sie seien nie getragen worden, schreibt da jemand. Die Beziehung hätte vielleicht länger gehalten, "hätte ich es getan".
An anderer Stelle ist ein japanisches Schwert zu sehen, das eine Frau von ihrem Asien-Aufenthalt mitbrachte. Der beschenkte Partner stellte jedoch fest, dass es die Japaner in dieser Variante für Harakiri vorsehen, die Selbsttötung. Kurz danach war auch die Beziehung aus.

Sinnbild einer unvollendeten Beziehung: ein ungeleerter Aschenbecher

Manche Geschichten sind laut und bizarr, andere erzählen von den eher leisen Brüchen in einer Liebe, die sie still sterben lassen. Etwa die zwei Tassen mit abgebrochenen Henkeln, die einst ein Paar begleitet hatten.

Bis er Schluss machte, nonchalant per Skype im Auslandssemester. "Er hatte eine aus Bielefeld kennengelernt, zehn Jahre jünger, Au-pair und angeblich sooo weltoffen", schreibt dazu die oder der Zurückgelassene. Die Stadt wird gleich in Mithaftung genommen. "Ich war stinksauer, auf ihn, auf mich, auf 'Bielefeld'."

Zu einem ungeleerten Aschenbecher schreibt eine verlassene Partnerin, dass der Ex immer nachts rauchte, wenn er nicht schlafen konnte. "In diesen Momenten war ich einerseits traurig darüber, dass er nicht bei mir liegen konnte, andererseits glücklich darüber, dass er überhaupt in meiner Nähe war." Als die Liebe zerbrach, wurde der Aschenbecher nie mehr geleert. Um die Erinnerungen an die schlaflosen Nächte zu konservieren.

Auch ein altes Fahrrad wird ausgestellt. Das Hollandrad war eigentlich nur ein Ersatz gewesen, schreibt die Besitzerin oder der Besitzer. Ersatz für ein schniekes Rennrad, das der Freund zu Beginn der Beziehung besorgt hatte, das aber gestohlen wurde. Das Ersatzrad war dann weniger schnieke als solide und praktisch. "Eines, das eben gerade verfügbar war. Etwa so, wie ich mich zu der Zeit gefühlt habe."

Bei vielen kracht's während eines Auslandssemesters

Manchmal ist die Ausstellung auch lehrreich, weil sich gewisse Muster erkennen lassen. Grob gesagt: Auslandssemester sind für Paare ein gefährliches Pflaster. Auch der Karneval spielt in Liebesdramen eine nicht unwichtige Rolle. Jemand hat dazu eine Tube Herpes-Creme eingereicht. Rund die Hälfte der Gegenstände stammen von Menschen aus der Umgebung.

Angelika Jäkel verheimlicht nicht, was sie dem Museum überlassen hat: einen ganzen Kasten, gefüllt mit Rosen, Tee, auch Haaren. Die sammelte sie damals für ihren Freund, wie sie erzählt. Die beiden hatten sich 2001 im Kölner Karneval kennengelernt. 2007 trafen sie sich zufällig genau dort wieder und beschlossen, dass es Schicksal sein musste. Er lebte in Paris, aber die Fernbeziehung funktionierte. "Dann habe ich den großen Fehler gemacht und habe ihn in meine Wohnung ziehen lassen", sagt sie. Irgendwann machte er Schluss per SMS. Den Kasten mit den Erinnerungen ließ er zurück. Dass er jetzt im Museum hängt, weiß der Mann nicht.

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