Unglück in Köln: Was ist mit den Verschütteten?

Erst zwei Tage nach dem Einsturz-Unglück von Köln kann die Suche nach zwei Männern beginnen. Ihre Überlebenschance ist gering - allerdings haben zwei Spürhunde angeblich angeschlagen.
von  Abendzeitung
Feuerwehrleute inspizieren die Trümmer.
Feuerwehrleute inspizieren die Trümmer. © dpa

Erst zwei Tage nach dem Einsturz-Unglück von Köln kann die Suche nach zwei Männern beginnen. Ihre Überlebenschance ist gering - allerdings haben zwei Spürhunde angeblich angeschlagen.

Die Neugierigen werden weniger, der Alltag kehrt zurück an den Unglücksort an der Kölner Severinstraße. Plastikplanen sollen die Bestände schützen – die Bücher und Dokumente, sagt die Feuerwehr. Und was ist mit den Menschen? Gestern Abend wollten die Retter mit der Suche nach zwei Vermissten beginnen,

Von zwei jungen Männern, die in einem ebenfalls eingestürzten Nachbarhaus gemeldet waren, fehlt jede Spur. Haben Sie eine Überlebenschance? Wohl kaum. Alles andere wäre ein Wunder, sagen die Experten. Zwei Spürhunde, die auf Leichengeruch reagieren, sollen angeschlagen haben, heißt es in unbestätigten Berichten. Außerdem soll das Handy eines der Vermissten gefunden worden sein. Nach letzten Berichten handelt es sich um einen 17-jährigen und einen 23-jährigen. Der Bruder des älteren sagt, er habe seit dem Unglück keinen Kontakt mehr mit ihm aufnehmen können. Nach Angaben von Angehörigen hatte sich einer der Vermissten am Dienstag bei seiner Praktikumsstelle krankgemeldet.

Der Beton soll das Nachrutschen von Erdreich verhindern

Im Minutentakt entlassen derweil Betonmisch-Lkw ihre Ladung in das Loch, in dem eines der wertvollsten Stadtarchive Europas (siehe Kasten) verschwunden ist. Der Beton soll das Nachrutschen von Erdreich verhindern, das dem siebenstöckigen Stadtarchiv den Boden entzogen hat. Das Erdreich, auf dem das Fundament des Hauses von 1971 stand, hatte sich vergangenen Dienstagmittag in den Tunnel des U-Bahnbaus unter der Straße ergossen,

„Ein Unglück wie in Köln ist fast unmöglich“, sagt Professor Bernhard Steinhauer. Der Tunnelbau-Experte meint, dass „sehr viele Zufälle und ungünstige Situationen zusammengekommen sein müssen.“ Seit 25 Jahren sei der Schildvortrieb, der unterirdische Tunnelbau, „Stand der Technik. Das Problem ist gelöst.“ Dass auch der Kirchturm von St. Johann Baptist in der gleichen Straße sich vor vier Jahren geneigt hat, das kann sich der Professor aus Aachen nicht erklären: „Das wundert mich auch, dass die Pannen da in der Nachbarschaft passieren.“

Auch das ehemalige Polizeipräsidium ist gefährdet

Im Umkreis von 150 Metern der Unglücksstelle sind sämtliche Gebäude einsturzgefährdet. Ein Vorgebäude der angrenzenden Schule hat sich über Nacht bewegt. Gefährdet ist auch das 16-stöckige ehemalige Polizeipräsidium.

Eines der Nachbarhäuser wurde schon abgerissen. Um die Retter nicht zu gefährden, müssen insgesamt 1000 Tonnen Beton in das Bauloch gepumpt werden.

„Es kann nicht sein, dass der U-Bahn-Bau Menschen gefährdet“, sagt Oberbürgermeister Norbert Schramma. Die Diskussion um den Bau ist durch das Unglück neu entflammt, Die Strecke führt durch Kies, ehemaliges Ufergelände des Rheins. „Irgendwas bewegt sich immer im Untergrund“, sagt Tunnelbau-Experte Steinhauer.

Noch immer können nicht alle Anwohner der Straße in ihre Häuser zurück. Unterdessen baute die Stadt Köln ihr Beratungsangebot für die betroffenen Anwohner aus. Es gebe einen erhöhten Bedarf an psychologischer Betreuung, sagte Stadtdirektor Guido Kahlen. Vielen Bewohnern der beiden zerstörten Wohnhäuser werde erst jetzt das Ausmaß der Katastrophe bewusst.

Johannes Lieberer

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.