Unbekannte Geschöpfe: Wer wohnt im Meer?

SAN FRANCISCO - Anschrift „Seeanemone“: Bei der ersten Volkszählung in den Meeren rund um den Globus listen Forscher 230000 Arten auf. Über keinen Lebensraum ist bislang weniger bekannt.
Eine Qualle, die aussieht wie ein orientalisches Sitzkissen. Eine Riesenkrake, die sich mit Flügeln wie Elefantenohren fortbewegt. Fische, die in Kälte und Dunkelheit wohnen und ihren Hunger nur monatlich stillen: Die Vielfalt der Unterwasserwelt lässt sich nur schwer erahnen.
Und über keinen Lebensraum ist so wenig bekannt. Seit zehn Jahren versuchen weltweit 2000 Forscher aus 80 Ländern, die Arten selbst in den Tiefen der Tiefsee zu zählen (AZ berichtete).
Es ist die größte „Volkszählung“ in den Meeren aller Zeiten, vorangetrieben vom Census of Marine Life. Anfang Oktober wird der Katalog wissenschaftlich bekannter Arten voraussichtlich 230000 Einträge umfassen – vom winzigen Einzeller bis zum Blauwal.
Zahlreiche Ergebnisse haben die Meeresforscher schon jetzt veröffentlicht, in dem Magazin „PloS One“. Höhepunkte sind ein Urzeit-Krake, feengleiche Meeresschnecken, riesige Einzeller und besonders hitzeresistente Muscheln. Fische sind zwar die bekanntesten, nicht aber die häufigsten Lebewesen. Viel häufiger kommen Krebstiere vor – vom Hummer bis zur Krabbe.
Bei aller Mühe und der bislang zehnjährigen Arbeit ist die Volkszählung aber nur ein Beginn: „Dieser ersten Bestandsaufnahme liegen spärliche und ungleich verteilte Proben zugrunde“, erklärt der Census-Autor Mark Costello. Es könnten noch viel mehr Lebenwesen existieren. Forscher vermuten in den Tiefen der Unterwasserwelt rund zehn Millionen verschiedene Arten.
Nirgendwo sonst leben übrigens laut der „Meeresvolkszählung“ so viele verschiedene Meerestiere wie rings um Japan und Australien. In den Seegebieten kommen jeweils rund 33000 verschiedene Arten vor.
Doch die Forscher sind besorgt: Umweltkatastrophen wie die Ölpest im Golf von Mexiko zerstören Unterwasser-Lebenswelten unwiderruflich. Dabei gehört dieses Gebiet ebenfalls zu den Top 5 der Arten-Rangliste. va