Tutto bene? So schlimm steht es wirklich um das Wasser im Gardasee
München - "Wir haben uns sehr gewundert", sagt Oskar Schwazer, Tourismusmanager der Region Garda Dolomiti. In deutschen Medien sei derzeit viel über die Trockenheit am Gardasee zu lesen.
Pressekonferenz zum Wasserstand
"In einem Bericht stand, der See habe nur noch 38 Prozent Wasser." Schwazer schüttelt den Kopf in der gestrigen Pressekonferenz, zu der sein Verband eingeladen hatte. Auch die AZ hatte bereits über einen "besorgniserregenden" Wasserstand auf eine Agenturmeldung hin berichtet.
"Fehlinterpretation" der deutschen Medien
So wie die Touristiker es darstellen, sei das völlig übertrieben. Die Situation liege an zwei relativ trockenen Wintern, das sei ein "natürliches Phänomen" und "logisch", sagt Schwazer. Der Seepegel schwanke über das Jahr immer wieder. Der Gardasee habe derzeit nur ein Prozent weniger Wasser Gesamtvolumen als im Durchschnitt der Jahre zuvor. Er spricht von einer "Fehlinterpretation" der deutschen Medien.
Schwankungen sind normal
Der Wasserstand werde am südlichen Gardasee über eine Messlatte erhoben. Es habe auch über mehrere Jahre hinweg schon immer solche Schwankungen gegeben. "Natürlich erleben wir momentan eine Dürrezeit, aber schon in der Vergangenheit gab es Wassermangel." Für den Tourismus gebe es keine Einschränkungen, so können Boote ganz normal verkehren.
Ein paar Brunnen sind gesperrt
Auf der Internetseite heißt es, dass zwar einige wenige Brunnen in Riva "als Sensibilisierungsmaßnahme" gesperrt seien, es gebe aber keinerlei Verbote für Pools oder ähnliches. Wie um zu zeigen, dass alles "null problemo" sei, wird eine Mitarbeiterin direkt vom Seeufer zugeschaltet, die grünes Wasser, Segelboote und Sonnenschein zeigt – so wie man den Gardasee eben kennt.
Der Klimawandel erfordert einen Anbauwandel
Christina Santi, eine Vertreterin des Gemeindeverbandes, bestätigt, dass die Situation nicht kritisch sei: "Der Gardasee ist gesund!" Für die Landwirte in der Po-Ebene, die am Wasser des Gardasees hängen, sei das hingegen schon ein Problem. Der Klimawandel sei aber ein globales Thema, nicht nur am Gardasee. "In den kommenden Jahren werden 4 Milliarden Euro in der Po-Ebene investiert, wobei der Klimawandel auch einen Anbauwandel erfordert", sagt Santi. Traditionell wird vor allem Reis in der Region angebaut, der sehr wasserintensiv ist.
Auch in Italien wird darüber berichtet
Also alles nur Fake News nördlich des Brenners? Eine Recherche der AZ ergibt, dass auch viele italienische Medien über den niedrigen Wasserstand berichtet haben – und dass diese eben schon "blamierend" sei. Die Tageszeitung "Corriere della Sera" bezieht sich beispielsweise auf "Copernicus", das Erdbeobachtungsprogramm der Europäischen Union. Dieses warnte bereits im April 2022 vor dem niedrigen Wasserstand am Gardasee.
Unverhoffte Sandbänke und Inseln
Heuer heißt es auf der Internetseite von "Copernicus", dass der Stand besorgniserregend und eine Gefahr für "Landwirtschaft, Kommunen, Tourismus und den Verkehr" sei. Auch wenn die Pools heuer im Sommer voll sind, die Schiffe über den Gardasee fahren und das Wasser mit seinem samtig grünen Ton lockt, dürften viele Urlauber dennoch abgeschreckt sein, wenn sie unverhoffte Sandbänke und Inseln entdecken.
Es ist so ein bisschen wie mit den weißen Kunstschneebändern, auf denen man zwischen grünen Hängen ins Tal fährt: Richtig Spaß macht das nicht. Sich ausgerechnet im Urlaub so frontal mit dem Klimawandel zu konfrontieren – das mag halt nicht jeder.
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