Südwesten: Tote durch Unwetter

Sintflutartige Regenfälle haben plötzlich einen Bach zu einem zerstörerischen Strom anschwellen lassen. In einem idyllischen Fachwerkdorf drohen nun einige Häuser einzustürzen, es gab Todesfälle.
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Autos wurden von den Wassermassen mitgerissen
dpa Autos wurden von den Wassermassen mitgerissen

Sintflutartige Regenfälle haben plötzlich einen Bach zu einem zerstörerischen Strom anschwellen lassen. In einem idyllischen Fachwerkdorf drohen nun einige Häuser einzustürzen, es gab Todesfälle.

Oliver Krebs steht bis zu den Knöcheln im Schlamm im Flur seines Hauses im baden-württembergischen Jungingen. Mit einer Schneeschaufel aus Holz schippt er unermüdlich die zähe braune Masse von den weißen Fließen auf die Straße. Seine Turnschuhe, die kurze Hose und das weiße T-Shirt sind über und über mit Schmutz beschmiert.

Vor seiner Haustür haben Wassermassen mehr als die Hälfte des Kopfsteinpflasters weggerissen, am Straßenrand stehen Autos mit eingeschlagenen Windschutzscheiben und eingedrückten Kotflügeln. Die Idylle in dem 1500-Einwohner-Dorf im Killertal mit zahlreichen Fachwerkhäusern ist in der Nacht zum Dienstag jäh zerstört worden. Sintflutartige Regenfälle ließen die Starzel schlagartig anschwellen. Die Wassermassen rissen Autos mit, der Strom fiel zeitweise komplett aus, unzählige Wohnungen wurden überflutet und einige Häuser drohten einzustürzen.

Katastrophale Situation

Nur ein paar hundert Metern vom Haus von Oliver Krebs entfernt wurden zwei Frauen in einem Auto von den Fluten mitgerissen. Eine von ihnen ertrank in dem Wagen, die andere wurde in der Nacht noch vermisst. Im knapp zehn Kilometer entfernten Hechingen überraschten die Wassermassen eine Frau in ihrem Keller, auch sie ertrank. «Es ist erschreckend, wie in so kurzer Zeit durch Regengüsse eine so katastrophale Situation entstehen kann, dass dabei Menschen zu Tode kommen», sagt der Landrat des Zollernalbkreises, Günther-Martin Pauli. «So ein schlimmes Hochwasser haben wir hier noch nicht erlebt», sagt auch Wolfgang Sutter. Der 61-Jährige lebt seit 37 Jahren in Jungingen. «Das Untergeschoss meines Hauses ist blitzschnell voll Wasser gelaufen.» Oliver Krebs erging es ähnlich: «Innerhalb von 15 Minuten war plötzlich alles voller Wasser.» Die beiden Autos der Familie seien weggeschwemmt und komplett zerstört worden, sagt Krebs.

Chaos in gespenstischem Licht

Draußen auf der Straße zerreißt lautes Dröhnen die Stille der Nacht, mit unzähligen Pumpen und dicken weißen Schläuchen versuchen die Einsatzkräfte, das Wasser aus den Kellern zu bekommen. Ein greller Leuchtballon schwebt über dem Unglücksort und taucht das Chaos in gespenstisches Licht. Die Hauptstraße ist mit einer dicken brauen Schlammschicht überzogen. Abgebrochene Äste, kaputte Wäschekörbe aus Plastik, eine umgekippte Mülltonne und ein abgebrochenes Tischbein liegen am Straßenrand. In der Luft liegt ein modrig-feuchter Geruch und der Gestank vom Diesel der Pumpen. Allein in Jungingen waren rund 250 Einsatzzkräfte von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk stundenlang damit beschäftigt, vom Wasser eingeschlossene Menschen zu retten. Insgesamt seien im Zollernalbkreis mehrere hundert Menschen in Sicherheit gebracht worden, sagt Landrat Pauli.

Notunterkünfte bereitgestellt

«Viele konnten bei Nachbarn unterkommen oder bereits wieder in ihre Häuser zurückkehren.» Außerdem seien Notunterkünfte bereitgestellt worden. Zehn Bewohner und ein Feuerwehrmann seien mit Verletzungen in Krankenhäuser gebracht worden. Im Hotel Post sitzt Susanne Seifert mit zahlreichen Einsatzkräften an einem großen Tisch in ihrer Gaststube. Sie und ihr Mann sind die Pächter. Die Verzweiflung ist ihr ins Gesicht geschrieben, unter den Augen hat sie tiefe dunkle Ringe. An der weißen Wand im Keller markiert ein schmutziger brauner Streifen, wie hoch das Wasser stand. Das Kühlhaus, der Weinkeller und die Hotel-Sauna sind verwüstet. «Es wird wohl einige Tage dauern, bis wir wieder aufmachen können. Das ist eine Katastrophe.» (Stefanie Baumer, dpa)

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