Suche nach dem «Higgs» geht weiter
Ein Jahr nach dem Fehlstart ist am weltgrößten Teilchenbeschleuniger Large Hadron Collider die Arbeit wieder aufgenommen worden. Hier sollen Elementarteilchen erzeugt werden - vorerst mit begrenzter Geschwindigkeit.
Die Kernphysiker am weltgrößten Teilchenbeschleuniger bei Genf haben den zweiten Anlauf in die innersten Tiefen der Materie gestartet. Ein Jahr nach einem Fehlstart wurden am Freitagabend wieder zwei Protonenstrahlen zur Kollision gebracht, um Elementarteilchen zu erzeugen.
Die Wissenschaftler hoffen, dabei erstmals ein bislang nur theoretisch bestimmbares Teilchen, das Higgs, nachweisen zu können. Der Start verlief so glatt, dass die ersten Testläufe sieben Stunden eher abgeschlossen wurden als erwartet, wie James Gillies vom Europäischen Kernforschungszentrum (Cern) mitteilte. Die 27 Kilometer lange Anlage mit ihren 100 Meter hohen Räumen unter der schweizerisch-französischen Grenze wurde zunächst mit gedrosselter Energie betrieben. Erst im nächsten Jahr sollen die Protonen mit 3500 Gigaelektronenvolt zirkulieren - 3,5 Mal so stark wie der bislang größte Teilchenbeschleuniger Fermilab bei Chicago.
7000 Gigaelektronenvolt
In der maximalen Stärke sind dann sogar 7000 Gigaelektronenvolt möglich. Kleinere Teilchenbeschleuniger werden von den Physikern seit Jahrzehnten dazu genutzt, die Strukturen innerhalb von Atomen zu studieren. Lange galten Protonen und Neutronen als die kleinsten Teilchen des Atomkerns. Dann aber wurde mit Hilfe der Teilchenbeschleuniger nachgewiesen, dass diese aus noch kleineren Teilchen wie Quarks und Gluonen bestehen. Die weitgehend anerkannte Theorie zur Entstehung des Kosmos besagt, dass beim Urknall vor 14 Milliarden Jahren ebensoviel Materie wie Antimaterie entstanden ist. Beide vernichten einander. Dass wir als Teil der Natur und als Materie existieren, verdanken wir einer winzigen Ungleichmäßigkeit im Verhältnis zwischen Materie und Antimaterie. Möglicherweise war es nur ein «normales» Teilchen auf zehn Milliarden Antiteilchen, das die Waage zugunsten der Materie neigte und die Entstehung des Universums ermöglichte.
Mehr als 8000 Physikern aus aller Welt
Solche Fragen stehen auf dem Forschungsprogramm von mehr als 8000 Physikern aus aller Welt, die Projekte am Large Hadron Collider (LHC) des Cern geplant haben. Die vier Milliarden Euro teure Anlage wurde bereits im September vergangenen Jahres gestartet, musste aber wegen eines Defekts bereits nach 36 Stunden wieder außer Betrieb gesetzt werden.
Die jetzt abgeschlossenen Reparaturen und zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen kosteten rund 27 Millionen Euro. «Wir haben immer noch etwas Arbeit vor uns, ehe die physikalische Forschung beginnen kann», sagte Cern-Generaldirektor Rolf Heuer am Wochenende. «Aber mit diesem Meilenstein sind wir auf einem guten Weg.» Erste wissenschaftliche Ergebnisse werden bereits im nächsten Jahr erwartet. (Alexander Higgins/AP)
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