Studie: Wie Kaiserschnitt-OPs die Evolution durcheinander bringen
Eine aktuelle Studie zeigt, dass sich der medizinische Fortschritt auf die Evolution auswirkt – in Form von Kaiserschnitt-Geburten.
Darwin würde sich im Grab umdrehen. Denn mit der Entwicklung des Kaiserschnitts, mit dem inzwischen knapp ein Drittel aller deutschen Kinder auf die Welt kommen, greift der Mensch (zumindest in den medizinisch notwendigen Fällen) in seine natürliche Evolution ein. Das haben jetzt Forscher der Universität Wien herausgefunden.
Früher, vor der Entwicklung des Kaiserschnitts, endete eine Geburt für sechs Prozent aller Frauen und Kinder in Europa tödlich. Das lag vor allem am sogenannten "Kopf-Becken-Missverhältnis", also dass Babys mit zu großen Köpfen nicht durch das Becken ihrer Mutter passten oder umgekehrt Babys mit normal großen Köpfen nicht durch zu schmale Becken ihrer Mütter.
Kaiserschnitt setzt Selektionsdruck außer Kraft
Der Kaiserschnitt rettet in diesen Fällen Zigtausende Leben im Jahr, den Wiener Forschern zufolge entfällt hierdurch aber der sogenannte Selektionsdruck. Früher konnten Mütter mit zu schmalen Becken oder Kinder mit zu großen Köpfen ihre Gene nicht weitervererben. Jetzt landet dieses Erbgut auch im Genpool.
Die Wissenschaftler errechneten mathematisch, dass vor 50 Jahren rund drei Prozent der Kinder nicht durch den Geburtskanal passten. Heute sind es bereits 3,3 bis 3,6 Prozent. Das klingt zunächst wenig, doch nimmt man die Zeitspanne der Evolution des Homo Sapiens (ca. 100.000 Jahre) zum Maßstab, ist eine Veränderung von 0,3 - 0,6 Prozent in 50 Jahren enorm! Die Entwicklung hin zu einem breiteren Becken und einem schmaleren Kopf ist durch den Kaiserschnitt außer Kraft gesetzt.
Große Köpfe, schmale Geburtskanäle: Es gibt auch Vorteile
Laut den Forschern könnte sich die Entwicklung sogar umkehren. Denn große Köpfe und schmale Becken haben durchaus (bis auf die Geburt) evolutionstechnische Vorteile: Große Babys sind weniger anfällig für Krankheiten, schmalere Becken sind förderlich für die Fortbewegung. Die Tatsache, dass wir irgendwann begannen, aufrecht zu gehen und sich damit unsere Becken verschmälerten, ist übrigens Wissenschaftlern zufolge auch der Grund, warum es beim Menschen verhältnismäßig viel häufiger zu Komplikationen bei der Geburt kommt als bei allen anderen Säugetieren.
Die Forscher gehen davon aus, dass sich die Zahl problematischer Geburten in Zukunft vergrößern könnte. Dass irgendwann nur noch Kinder per Kaiserschnitt zur Welt kommen, ist jedoch unwahrscheinlich. Der medizinische Fortschritt bedeute immerhin, dass auch zu kleine Babys heutzutage höhere Chancen hätten, zu überleben und damit, ihr Erbgut weiterzugeben.
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