Sternenkrieg im Kinderzimmer

Sechs- bis zwölfjährige Jungen sind verrückt nach Star-Wars-Karten und Sammelalben. Doch die beliebten Bildchen sind überall ausverkauft. Das führt zu kleinen Familiendramen.
Arno Makowsky |
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Scheußliche Kreaturen mit
Abwehrpunkten und Zusatz-
Power: Star Wars-Karten
AZ Scheußliche Kreaturen mit Abwehrpunkten und Zusatz- Power: Star Wars-Karten

Sechs- bis zwölfjährige Jungen sind verrückt nach Star Wars-Karten und Sammelalben. Doch die beliebten Bildchen sind überall ausverkauft. Das führt zu kleinen Familiendramen.

München
- Wenn der sechsjährige Max abends endlich eingeschlafen ist, liegt ein Stapel bunter Karten neben ihm und seinem Kuschelhasen. Kurz vorher hat er sie mit müden Augen noch ein letztes Mal an diesem Tag durchgeblättert, noch mal überprüft, ob der „IG 100 Magnawächter” tatsächlich 64 Angriffspunkte hat und die schauerlich-schöne „Asaji Ventress” ihre Laserschwerter auch korrekt aus dem dunklen Anzug blitzen lässt.

Nicht nur Max ist verrückt nach den bunten Karten, auch seine Freunde Vincent, Lars und Finn, Erstklässler aus München allesamt, beschäftigen sich in ihrer Freizeit praktisch mit nichts anderem mehr. Vergessen sind die Playmobil-Piraten und Ritter, die bis vor kurzem das Spieluniversum der Buben bevölkerten. Jetzt geht es um Star Wars, genauer gesagt: um Star Wars-Spielkarten, die man in ein dazu passendes Sammelalbum einstecken muss.

Unter fünf- bis 12-jährigen Jungen ist ein weltweiter Hype um diese Karten ausgebrochen. Kein Pause auf dem Schulhof, in der nicht „Droiden” gegen „Siths” und Klonkrieger gegen andere schauerliche Gestalten getauscht werden.

Eltern, Lehrer und andere Erwachsene begreifen nicht, was die Faszination der Karten ausmacht. Mädchen schon gar nicht. Schließlich handelt es sich weder um ein richtiges Spiel, noch um sympathische Protagonisten. Man betrachtet einfach nur die scheußlichen Kreaturen und bewundert ihre Stärke. Typischer Dialog unter Siebenjährigen: „Wie viele Abwehrpunkte hat deine Ohnaka?” – „75, aber mit Zusatz-Power.”

Es muss wohl die mythische Welt des Stars Wars-Universums sein, die schon vor mehr als dreißig Jahren die Kinobesucher auf der ganzen Welt begeisterte, damals, als George Lucas den ersten Star Wars-Film herausbrachte. Dunkle Ritter, strahlende Helden, der ewige Kampf zwischen Gut und Böse – bis heute übt dieses Grundmuster eine enorme Strahlkraft auch auf Kinder aus. Dazu kommen witzige Charaktere wie der Roboter R2 D2 und der grün-schwabbelige Yoda, der nur rückwärts spricht.

Warum in Zeiten von Internet und Computerkonsolen ausgerechnet simple Spielkarten aus Papier so erfolgreich sind, bleibt trotzdem rätselhaft. Man kennt das Phänomen von den Panini-Sammelbildchen, die vor Fußballturnieren bei Fans beliebt sind. Doch der Star Wars-Wahn geht weit darüber hinaus.

In ganz Deutschland sind die Karten und entsprechenden Sammelhefte inzwischen ausverkauft. Was häufig zu familiären Dramen führt, wenn Mütter und Väter tagelang ein Schreibwarengeschäft nach dem anderen abklappern und dem enttäuschten Nachwuchs immer wieder Niederlagen eingestehen müssen.

Hinter dem Boom steckt die amerikanische Firma Topps, die schon seit 1938 Sammelkarten und Kaugummi herstellt. Neben Star Wars bereichert Topps weltweit die Kinderzimmer auch mit pädagogisch wertvollem Personal wie Spongebob und den Pokémons. Um den Verkaufserfolg noch zu steigern, wenden die Amerikaner einen alten Trick an: Sie verknappen das Angebot, das Produkt wird so immer begehrter.

Ungezählte Kinder und ihre Eltern hoffen nun, dass die Star Wars-Bildchen bald wieder in den Läden auftauchen. Max sagt: „Was soll ich sonst mit meinem Taschengeld anfangen?”

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