Sport für Faulpelze
Die „Power Plate“ soll mit Vibrationen die Muskeln stimulieren: Die AZ hat Experten befragt und einen Selbsttest gemacht
Festhalten und in die Knie gehen“, sagt die Trainerin. Ich stehe auf einem Ding, dass auf den ersten Blick den Quäl-dich-Ausdauer-Maschinen im Fitnessstudio ähnelt. Vorne dran: Griffe. Aber für die Füße ist da nichts zum Treten, Steppen oder Radeln. Ich stehe auf einer schwarzen Platte. In Söckchen und Ententanzpose. Anstrengend ist das bisher nicht, aber ich komme mir ziemlich albern vor.
Die „Power Plate“ wird gleich anfangen, zu vibrieren – und diese rhythmischen Schwingungen sollen meine Muskeln stimulieren. Für bis zu fünfzig Muskelreflexe in der Sekunde soll das Schütteln sorgen, ein intensives Krafttraining also. Was ich dabei tun muss? Anspannen, ein paar Kniebeugen, Verrenkungen, Situps. „Zehn Minuten zwei Mal die Woche reichen, um die Muskeln zu definieren“, sagt meine Trainerin Claudia Reckzeh.
Traumhaft! Zwei Mal die Woche durchschütteln lassen – und mein Körper wird angeblich ansehnlich gestrafft (zu Schwarzenegger werde ich nicht, weil nur die schon vorhandenen Muskeln aktiviert werden), durch die Muskelarbeit verbrenne ich mehr Kalorien, meine Koordination und Beweglichkeit verbessern sich und obendrein fördert die Vibration noch meine Durchblutung, was meine Haut rosig-straff macht.
Madonna schwärmt von der Kraftplatte, Julia Roberts tut es auch. Peter Spitzenheil jedoch, Professor für Trainingswissenschaft an der Technischen Universität München, kennt die Maschine und warnt mich: „Dass man sich da ein bisschen draufstellt und dabei stärker, glücklicher und schöner wird – so ist es nicht.“ Ich stelle mich jetzt trotzdem ein bisschen drauf und hoffe das Beste. Freudig strahle ich Claudia Reckzeh an, sie lächelt zurück und drückt den Knopf.
Herrjeh! Unsichtbare Bauarbeiter umringen die Platte und bearbeiten sie mit dem Presslufthammer. Heftig!
„Der Körper spannt automatisch an, um den Kopf vor Erschütterungen zu schützen, daher die Muskelreflexe“, sagt Spitzenheil. „Das kennen Sie, wenn Sie mal mit dem Fahrrad über Schotter gefahren sind: Da heben sie sich auch automatisch ein bisschen aus dem Sattel, spannen an, das ist der gleiche Effekt.“ Billiger wäre das auf jeden Fall: Um die 20 Euro kostet eine Einheit auf der Power Plate.
Es schüttelt, es rüttelt, ich halte mich fest und die Trainerin fragt, immer noch lächelnd, „Geht’s? Dann streck’ mal ein Bein gerade nach hinten!“ In Ententanzpose gebe ich den sterbenden Schwan, während mich die Expertin anweist. Ich zerre eine missglückte Grimasse und komme mir kein bisschen glamourös vor wie Madonna oder Julia Roberts. Verdammt, es ist doch anstrengend!
„Das Vibrationstraining ist kein selbst arbeitendes Wundermittel, aber die guten Effekte sind da“, sagt Spitzenheil. „nur sind die individuell sehr unterschiedlich.“ Bei dem einen schlägt der Rüttel-Rhythmus super an, beim anderen bringt’s weniger. „Ganz wichtig ist es, die richtige Dosierung zu finden und die Übungen richtig auszuführen.“ So ganz ohne ist die Presslufthammer-Methode nämlich nicht. Manche empfinden es als unangenehm, und die Vibrationen können bei Haltungsfehlern Kopfschmerzen auslösen.
Dafür ist Claudia Reckzeh dabei, die meine Haltung korrigiert und mich zu Situps auf der Platte motiviert. „Wichtig: Immer mit gebeugten Knien auf der Platte stehen“, sagt die Trainerin. So gehen die Vibrationsreize nicht in den Kopf. Ein feiner Schweißfilm zieht sich über meine Stirn. Zehn Minuten auf der Power Plate sollen wie ein 90 Minuten Krafttraining wirken. „Zweifelhaft“, findet das der Trainingswissenschaftler: „Wenn man regelmäßig darauf steht, gewöhnt sich der Körper irgendwann an den Vibrationsreiz und das mindert den Erfolg.“ Und wer nicht nur den Körper formen, sondern auch ernsthaft dem Speck den Kampf ansagen möchte, muss zusätzlichen Ausdauersport machen – das sagt auch Claudia Reckzeh.
Langsam macht es richtig Spaß. Ja, es ist anstrengend, aber unterhaltsam. Und, mit viel Trinken zwischendurch, Rüttel-Dehnungen und Schüttel-Massagen, ist mein Date mit der „Power Plate“ nach 20 Minuten vorbei.
Einen Tag später gibt’s den Beweis, dass das Durchschütteln offenbar wirklich viele Muskeln angesprochen hat: Alles tut weh. Laura Kaufmann